Festlegung zur Verteilung von Mehrkosten in Netzen aus der Integration von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien
Die Bundesnetzagentur hat am 28. August 2024 eine Festlegung zur Verteilung von Mehrkosten in Netzen aus der Integration von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien getroffen (BK8-24-001-A). Hiernach werden Regionen, die besondere Kostenbelastungen durch den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien (EE) tragen, ab 2025 entlastet. Die Kosten, die durch die Entlastung einzelner Regionen entstehen, können bundesweit verteilt werden.
- Der Mechanismus: Ein mehrstufiges Modell zur Entlastung
- Die Wirkung: Netzentgelte in betroffenen Regionen sinken
- Refinanzierung: Bundesweiter Aufschlag für besondere Netznutzung
Einige Regionen erzeugen deutlich mehr Strom aus erneuerbaren Energien als sie verbrauchen. Für diese entstehen für den Umbau der Netze erhebliche Kosten. Gleichzeitig versorgt der Strom nicht nur die Region, sondern ganz Deutschland. In diesen Regionen sinken nun die Netzentgelte. Dies führt auf der anderen Seite zu überschaubaren zusätzlichen Kosten für alle Stromverbraucher in Deutschland. Diese werden über einen bundesweit einheitlichen „Aufschlag für besondere Netznutzung“ auf den Stromverbrauch erhoben.
Der Mechanismus: Ein mehrstufiges Modell zur Entlastung
Die Regelung sieht als ersten Schritt die Ermittlung vor, ob ein Netzbetreiber von einer besonderen Kostenbelastung aus dem Ausbau der Erneuerbaren Energien betroffen ist. Dies erfolgt mittels einer Kennzahl. Die Grundlage dafür bildet die ans Netz angeschlossene erneuerbare Erzeugungsleistung. Zunächst wird festgestellt, ob diese Kennzahl eines Netzbetreibers den festgelegten Schwellenwert überschreitet. Ist dies der Fall, kann ein Teil der Kosten, der aufgrund der Integration der erneuerbaren Energien entstanden ist, aus der Erlösobergrenze bundesweit verteilt werden.
Netzgebiete der wälzungsberechtigten Netzbetreiber im Jahr 2025
Die Karte zeigt die Netzgebiete der Niederspannungsebene der wälzungsberechtigten Netzbetreiber im Jahr 2025, die eine Veröffentlichung nicht abgelehnt haben. Es zeigt sich, dass die Netzgebiete der berechtigten Netzbetreiber sehr weite Teile Deutschlands umfassen. Das Farbschema soll unterschiedliche Netzgebiete voneinander abgrenzen und hat darüber hinaus keine Aussagekraft.
Insgesamt profitieren 178 Netzbetreiber vom Wälzungsmechanismus der Festlegung. Sie können in Summe Kosten in Höhe von 2,4 Mrd. Euro weiterverteilen, also wälzen. In der nachfolgenden Tabelle sind 15 Netzbetreiber in Bundes- und Landeszuständigkeit aufgeführt, die in absoluter Höhe die höchsten Wälzungsbeträge aufweisen.
* Die Relation der Wälzung zu den Gesamtkosten (EOG) erlaubt eine grobe Abschätzung der entlastenden Wirkung und wird zum 1. Januar 2025 hier ergänzt. Denn erst zu diesem Zeitpunkt veröffentlichen die Netzbetreiber ihre endgültigen Erlösobergrenzen 2025. | |||
Netzbetreiber | Wälzung [in Tausend Euro] | Relation zur Erlösobergrenze* | |
---|---|---|---|
Bayernwerk Netz GmbH | 569.802 | - | |
E.DIS Netz GmbH | 305.657 | - | |
Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom mbH | 292.105 | - | |
Schleswig-Holstein Netz AG | 268.780 | - | |
Avacon Netz GmbH | 220.325 | - | |
LEW Verteilnetz GmbH | 135.659 | - | |
N-ERGIE Netz GmbH | 93.139 | - | |
WEMAG Netz GmbH | 84.374 | - | |
EWE NETZ GmbH | 83.730 | - | |
TEN Thüringer Energienetze GmbH & Co. KG | 80.453 | - | |
Westfalen Weser Netz GmbH | 53.141 | - | |
Netze ODR GmbH | 41.552 | - | |
EAM Netz GmbH | 22.931 | - | |
ÜZ Mainfranken eG | 15.151 | - | |
naturenergie netze GmbH | 10.928 | - |
Es ist die absolute Höhe des Wälzungsbetrages des Jahres 2025 aufgeführt. Die absolute Höhe des Wälzungsbetrags gibt grundsätzlich keine Auskunft über den Effekt auf die Netzentgelte, da dies abhängig von den Gesamtkosten (Erlösobergrenze, kurz EOG) des Netzbetreibers ist. Bei einem Netzbetreiber mit einem geringeren absoluten Wälzungsbetrag kann dieser dennoch einen höheren Anteil an den Netzkosten dieses Netzbetreibers ausmachen als bei einem anderen Unternehmen mit höherer Wälzung aber auch höheren Netzkosten.
Die Wirkung: Netzentgelte in betroffenen Regionen sinken
Es gibt unmittelbare und mittelbare Effekte, wie sich die Senkungen der Netzentgelte in den Regionen auswirken.
Die senkende Wirkung gilt auf der einen Seite für die nach der Festlegung unmittelbar betroffenen und damit wälzungsberechtigen Netzbetreiber. Die Tabelle oben zeigt verschiedene Netzbetreiber, die eigene Kosten wälzen können. Deren reduziertes Netzentgelt wirkt sich jedoch darüber hinaus mittelbar auch senkend auf sämtliche nachgelagerte Netzbetreiber aus. Dadurch, dass beispielsweise die Netzentgelte der E.DIS Netz GmbH – ein großer Regionalversorger in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern – sinken, profitieren auch sämtliche kleinere, nachgelagerten Netzbetreiber in der Region, die an das Netz der E.DIS Netz GmbH angeschlossen sind. Nachgelagerte, meist kleinere Netzbetreiber wie zum Beispiel Stadtwerke zahlen für den bezogenen Strom ebenfalls Netzentgelte an die vorgelagerten Regionalversorger. So werden auch diese bei sinkenden Netzentgelten der Regionalversorger mittelbar entlastet. Dies ist auch der Fall, wenn sie keine eigenen Kosten in die Wälzung geben können, weil sie die Kennzahl selbst nicht überschreiten.
Vergleich relative Netzentgelte in ct/kWh
Die hier abgebildeten Netzentgelte 2025 enthalten auch Kostensteigerungen, die sich gegenüber dem Jahr 2024 eingestellt haben. So haben sich beispielsweise für sämtliche Verteilernetzbetreiber die vorgelagerten Netzkosten in Summe erhöht, da die Übertragungsnetzentgelte für die meisten Verteilernetzbetreiber gestiegen sind. Das bedeutet, dass die Netzentgelte 2025 ohne die Wälzung bei nahezu allen hier abgebildeten Netzbetreibern gegenüber den Netzentgelten 2024 – teils sogar erheblich – angestiegen wären.
Die Tabelle zeigt die Netzentgelte für einen durchschnittlichen Haushaltskunden in der Niederspannungsebene der Jahre 2024 und 2025 im Vergleich. Betrachtet wird ein durchschnittlicher Haushaltskunde mit einem Verbrauch von 3.500 kWh/a. Die Netzentgelte setzen sich zusammen aus dem Arbeitspreis, Grundpreis sowie Entgelt für den Messstellenbetrieb gemäß Preisblättern der Netzbetreiber. | ||||
Netzbetreiber | Entgelt 2024 | Entgelt 2025 | Abweichung | Abweichung |
---|---|---|---|---|
Bayernwerk Netz GmbH | 11,70 | 10,46 | -1,24 | -11% |
E.DIS Netz GmbH | 13,95 | 11,16 | -2,79 | -20% |
Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom mbH | 10,97 | 9,83 | -1,14 | -10% |
Schleswig-Holstein Netz AG | 16,26 | 11,84 | -4,42 | -27% |
Avacon Netz GmbH | 11,93 | 11,64 | -0,29 | -2% |
LEW Verteilnetz GmbH | 11,34 | 8,28 | -3,06 | -27% |
N-ERGIE Netz GmbH | 9,97 | 9,02 | -0,95 | -10% |
WEMAG Netz GmbH | 15,84 | 9,81 | -6,03 | -38% |
EWE NETZ GmbH | 9,60 | 8,30 | -1,30 | -14% |
TEN Thüringer Energienetze GmbH & Co. KG | 12,31 | 10,18 | -2,13 | -17% |
Westfalen Weser Netz GmbH | 13,05 | 12,17 | -0,88 | -7% |
Netze ODR GmbH | 12,34 | 8,70 | -3,64 | -29% |
EAM Netz GmbH | 11,00 | 10,19 | -0,81 | -7% |
ÜZ Mainfranken eG | 12,48 | 7,35 | -5,13 | -41% |
naturenergie netze GmbH | 11,92 | 11,99 | +0,07 | +1% |
Zu beachten ist, dass die Netzentgelte der Spalte „Entgelt 2025 [ct/kWh]“ bereits Kostensteigerungen enthalten, die sich aus verschiedenen Gründen gegenüber dem Jahr 2024 eingestellt haben. So haben sich beispielsweise für sämtliche Verteilernetzbetreiber die vorgelagerten Netzkosten in Summe erhöht, da die Übertragungsnetzentgelte für die meisten Verteilernetzbetreiber gestiegen sind. Das bedeutet, dass die Netzentgelte 2025 ohne die Wälzung bei fast sämtlichen hier abgebildeten Netzbetreibern gegenüber den Netzentgelten 2024 – teils sogar erheblich – angestiegen wären.
Refinanzierung: Bundesweiter Aufschlag für besondere Netznutzung
Die Kosten werden solidarisch über alle Stromverbraucher in Deutschland verteilt. Der Verteilungsmechanismus der Kosten knüpft an die bisherige § 19 StromNEV-Umlage an. Die Umlage ist ein etablierter Mechanismus zum Ausgleich bestimmter Netzkosten zwischen allen Netznutzern. Sie wird von den Übertragungsnetzbetreibern bestimmt, die den Mechanismus ausführen und ist Bestandteil des Strompreises. Diese soll die entgangenen Erlöse eines Netzbetreibers ausgleichen, die aus reduzierten Netzentgelten für bestimmte Verbraucher entstehen.
In Zukunft können die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) über diesen Mechanismus auch die Kosten aus der EE-Netzkostenverteilung gemeinsam als „Aufschlag für besondere Netznutzung“ abrechnen. Für den Stromverbraucher wird sich der Aufschlag weiterhin als ct/kWh-Betrag auf der Stromrechnung wiederfinden.
Im Jahr 2025 beträgt der Aufschlag für besondere Netznutzung 1,56 ct/kWh (Quelle: www.netztransparenz.de). Wie oben beschrieben, setzt sich dieser Betrag aus Kosten der § 19 StromNEV-Umlage und aus der EE-Netzkostenverteilung zusammen. Dabei entfällt etwa ein Anteil von 60 Prozent auf die Kosten der EE-Netzkostenverteilung.
Für einen Haushaltskunden mit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh ergibt sich dadurch eine jährliche Mehrbelastung aufgrund der EE-Netzkostenverteilung in Höhe von ca. 33 Euro. Die übrige Belastung aus dem Aufschlag für besondere Netznutzung entfällt auf die § 19 StromNEV-Umlage, die bereits seit vielen Jahren besteht und jährlich leichten Schwankungen unterliegt.
Großverbraucher profitieren weiterhin von einer Reduzierung des Aufschlages nach § 19 Abs. 2 S. 15 StromNEV, die unverändert erhalten bleibt. Demnach beträgt die Mehrbelastung aus der EE-Netzkostenverteilung für Industrie und sonstige Großverbraucher maximal etwa 9.360 Euro.
Die Eckpunkte aus Dezember 2023 sind hier zu finden:
Eckpunkte für eine Festlegung nach § 21 Abs. 3 S. 4 Nr. 3 g) und h) EnWG-E zur sachgerechten Verteilung von Mehrkosten aus der Integration von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien (pdf / 3 MB)