Minderungshöhe
Wenn Sie mit der Breitbandmessung der Bundesnetzagentur nachweisen können, dass Ihr Internetanschluss langsamer ist als vertraglich vereinbart, können Sie das monatliche Entgelt gegenüber
Ihren Anbieter mindern oder den Vertrag außerordentlich kündigen.
Um wieviel Euro kann Ihr monatliches Entgelt gemindert werden?
Nach den Beobachtungen der Bundesnetzagentur berechnen die Anbieter Minderungshöhen sehr unterschiedlich. Auf Bitte der Bundesnetzagentur haben sich die Branchenverbände auf eine gemeinsame Information geeinigt, um mehr Markttransparenz zu schaffen.
Die Bundesnetzagentur hat einen Überwachungsmechanismus für das Festnetz veröffentlicht, auf dessen Basis die erheblichen, kontinuierlichen oder regelmäßig wiederkehrenden Abweichungen bei der Geschwindigkeit oder bei anderen Dienstequalitätsparametern zwischen der tatsächlichen Leistung der Internetzugangsdienste und der vom Anbieter der Internetzugangsdienste angegebenen Leistung ermittelt werden.
Im Falle einer Minderung ist das vertraglich vereinbarte Entgelt in dem Verhältnis herabzusetzen, in welchem die tatsächliche Leistung von der vertraglich vereinbarten Leistung abweicht. Dem Verbraucher soll so ein „Ausgleich“ für eine nicht vertragsgemäße Leistung des Anbieters gewährt werden, der das Maß der verminderten Leistung widerspiegelt.
Konkret bedeutet das, dass nach Feststellung der Minderleistung, nachgewiesen durch die Breitbandmessung Desktop-App der Bundesnetzagentur, das Entgelt so weit gemindert werden kann, dass Leistung und Gegenleistung wieder ausgeglichen sind (Wiederherstellung des so genannten „Äquivalenzinteresses“).
Hierbei ist zu beachten, dass ein Vertrag über einen Internetzugangsdienst nicht nur eine Vereinbarung über die jeweilige Internet-Geschwindigkeit (Upload und Download) beinhaltet, die erbrachte Leistung sich also nicht nur auf die gemessene Geschwindigkeit beschränkt. Internetzugangsverträge enthalten immer noch weitere Leistungsbestandteile, wie z.B. die Bereitstellung des Telefonanschlusses und des Internetanschlusses sowie Flatrates oder Kontingente für die Nutzung der Telefonie- und/oder Internetleistungen. Alle diese Leistungen werden einheitlich in Rechnung gestellt und der Preis für die Internetgeschwindigkeit wird in diesen Fällen nicht separat als Teil des Produktpreises ausgewiesen.
Daher muss zur Wiederherstellung des Äquivalenzinteresses der zu mindernde Preis für die Nichteinhaltung der Internetgeschwindigkeit aus dem Produktpreis herausgerechnet werden, sofern die anderen in Rechnung gestellten Leistungen weiterhin vereinbarungsgemäß erbracht werden und nicht gemindert werden können.
Übersicht über exemplarisch ausgewählte konkrete Minderungsberechnungen einiger großer Anbieter (die so oder in leicht abgewandelter Form von vielen Marktteilnehmern in der Praxis angewendet werden und die Besonderheiten bei ortsgebundenen Anschlüssen berücksichtigen):
Die Minderungsbeispiele berücksichtigen dabei die rechtlichen und tatsächlichen Besonderheiten von ortsgebundenen Anschlüssen und sind so nicht auf Mobilfunkanschlüsse übertragbar.
Die Abgrenzung des von der Minderleistung betroffenen Leistungsteils von den anderen, vertragsgemäßen Leistungsbestandteilen muss verschiedenen Umständen wie der Tarifsystematik und den vertraglichen Abreden Rechnung tragen. Daher gibt es hierfür auch kein allgemeingültiges Modell; vielmehr existieren verschiedene tragfähige Abgrenzungs- und Berechnungsweisen. Nachfolgend werden die Modelle einzelner Anbieter skizziert:
Modell 1:
Anhand der öffentlich verfügbaren Preisliste ist erkennbar, welcher Preis für die verschiedenen Tarife mit unterschiedlichen Internetgeschwindigkeiten zu zahlen sind.
Hieraus wird erkennbar, welcher Aufpreis für die jeweils nächst höhere Internetgeschwindigkeit zu zahlen ist.
Sollte die vertraglich vereinbarte Bandbreite nicht erreicht werden und die Geschwindigkeit des nächstgünstigeren Tarifs mindestens erreicht werden, so wird das Entgelt um die entsprechende Preisdifferenz dieser Tarife reduziert.
Da sich die festgestellte Schlechtleistung nur auf den Leistungsbestandteil „Internet-Geschwindigkeit“ bezieht, wird hierdurch das so genannt Äquivalenzinteresse wieder hergestellt.
Beispiel: Ein Kunde hat einen Tarif mit 100 Mbit/s (44,95 €) gebucht und erhält nur 80 Mbit/s. Dem Kunden wird nach Minderung lediglich das Entgelt für den 50 Mbit/s-Tarif in Rechnung gestellt (39,95 €), was einen Minderbetrag von 5,00 € ausmacht. Der Kunde erhält weiterhin 80 Mbit/s und wird damit für die vorangegangene Schlechtleistung zu seinen Gunsten überkompensiert.
Modell 2:
Für die Ermittlung des auf den Internetdienst entfallenden Anteils an einem Gesamtpreis werden zunächst die separat ausgewiesenen Leistungsteile (etwa für eine Software) herausgerechnet.
Der verbleibende Gesamtpreis wird gleichmäßig auf die in der Gesamtleistung enthaltenen Dienste verteilt (z.B. erfolgt bei einem Vertrag, der Festnetztelefonie, Mobilfunk, TV und Internet umfasst, eine Teilung durch 4).
Der so für den Internetdienst ermittelte Preis wird je zur Hälfte auf den Upload und den Download aufgeteilt.
Zur Bestimmung der tatsächlichen Leistung wird der Durchschnitt der 30 Messungen (jeweils im Upload und im Download) aus dem Messprotokoll der Breitbandmessung gebildet. Diese werden jeweils ins Verhältnis zur entsprechenden Angabe einer normalerweise zur Verfügung stehenden Geschwindigkeit gesetzt, da dies die Leistung ist, mit der nach den vertraglichen Angaben zu rechnen ist.
Eine Minderleistung im Upload wird durch entsprechende Minderung des Uploadanteils, eine Minderleistung im Download durch entsprechende Minderung des Downloadanteils berechnet.
Beispiel: Ein Kunde hat einen Tarif mit maximal 250 Mbit/s (normalerweise zur Verfügung stehend 200 Mbit/s) gebucht, der auch TV und Festnetztelefonie umfasst (120,00 €) und erhält nur 150 Mbit/s im Download. Der relevante, gestörte Leistungsteil “Internet” wird danach mit 40,00 € bemessen, wovon je 20,00 € auf den Upload und den Download entfallen. Die tatsächliche Leistung von 150 Mbit/s entspricht ¾ der vertraglichen Leistung 200 Mbit/s, weswegen der Downloadanteil auf ¾ herabgesetzt werden muss, was eine Minderung um 5,00 Euro ausmacht.
Modell 3:
Das durch den Kunden mit dem von der Bundesnetzagentur bereitgestellten Tool erstellte valide Messprotokoll bildet die Basis für die Feststellung einer erheblichen, kontinuierlichen oder regelmäßig wiederkehrenden Abweichung der vereinbarten Geschwindigkeit von Festnetz-Internetdiensten an sich sowie für die Höhe der daraus folgenden Minderung der vertraglichen Grundgebühr.
In der Regel beinhaltet ein Vertrag verschiedene Leistungen, zum Beispiel den Telefon- und Internetanschluss, eine Datenflatrate, eine Flatrate für Telefonate in das deutsche Festnetz und weitere Leistungen, die in einem Tarif zusammengefasst sind und gegen Zahlung einer monatlichen Grundgebühr bereitgestellt werden.
Zur Ermittlung des Minderungsbetrags bleiben zunächst die Preisbestandteile aller Leistungsanteile unberücksichtigt, welche vertragskonform erbracht worden sind. Die Internetzugangsleistung wird so bewertet, dass sie einem Anteil von 50 % der monatlichen Grundgebühr entspricht.
Die Internetzugangsleistung besteht wiederum aus einem Download- und einem Upload-Anteil. Beide Teile sind gleichwertig. Zur Ermittlung der Minderungshöhe wird der Entgeltanteil des Teils der Internetzugangsleistung herangezogen, für den sich laut Messprotokoll eine Schlechtleistung ergibt.
Für diesen Teil der Internetzugangsleistung wird aus den Ergebnissen der dreißig Messungen, die im Rahmen der Erstellung des Messprotokolls durchgeführt werden, ein Durchschnittswert gebildet (= die Summe aller Messergebnisse wird durch dreißig geteilt). Liegt für beide Teile (Upload und Download) der Internetzugangsleistung eine Schlechtleistung vor, wird dementsprechend für beide Teile die Bildung eines Durchschnittswerts nach dieser Methodik vorgenommen.
Die Differenz zwischen der jeweils gemessenen Durchschnittsbandbreite und 90 % der vertraglich vereinbarten maximalen Bandbreite ergibt einen Wert, der die Schlechtleistung beziffert. Dieser Wert wird prozentual zu 90 % der vereinbarten maximalen Bandbreite in Bezug gesetzt, woraus sich die prozentuale Höhe der Minderung ergibt. Dieser Wert von 90 % der maximalen Bandbreite bildet den Bezugswert, da gemäß der Verfügung 99/2021 der Bundesnetzagentur im Maximum 90 % der maximalen Bandbreite zu erreichen sind.
Die in Prozent errechnete Höhe der Minderung wird nun auf den Entgeltanteil angewendet, der auf die von der Schlechtleistung betroffenen Leistung entfällt, woraus sich der konkrete Minderungsbetrag ergibt.
Beispiel: Mit einem Kunden ist die Bereitstellung eines Tarifs (45,00 € mtl. Grundgebühr) vereinbart, welcher unter anderem eine Internetzugangsleistung mit 50 Mbit/s im Download (bei maximaler Datenübertragungsrate) enthält. Auf die gesamte Internetzugangsleistung entfällt ein Entgeltanteil in Höhe von 22,50 €, somit auf den Download 11,25 €. Mittels eines validen Messprotokolls des von der Bundesnetzagentur bereitgestellten Tools bringt der Kunde vor, im Download eine Durchschnittsbandbreite von 27 Mbit/s gemessen zu haben. In Bezug zu 90 % der vertraglich vereinbarten maximalen Bandbreite im Download (45 Mbit/s) ergibt sich in Prozentpunkten eine Minderung in Höhe von 40 %. Der Entgeltanteil für die Internetzugangsleistung im Download ist somit um 4,50 € auf 6,75 € zu mindern.
Die in der gemeinsamen Information der Branchenverbände vorgestellten Berechnungsmethoden sind nicht abschließend. Weitere Berechnungsmethoden sind denkbar. Auch die Verbraucherzentralen haben Vorstellungen zur Berechnung entwickelt. Sie knüpfen insbesondere an dem schlechtesten der 30 Messwerte des Messprotokolls der Bundesnetzagentur an, um eine Ersteinschätzung als eine erste Orientierung zu ermöglichen, vorbehaltlich einer individuellen Beurteilung des konkreten Einzelfalls.