Markt­de­fi­ni­tio­nen und -ana­ly­sen

In der Empfehlung vom 18. Dezember 2020 über relevante Produkt- und Dienstmärkte des elektronischen Kommunikationssektors hat die EU-Kommission diejenigen Märkte definiert, die für eine Vorabregulierung in Betracht kommen.

Hierbei handelt es sich um solche Märkte, die auf Unionsebene

  • durch beträchtliche und anhaltende strukturell oder rechtlich bedingte Marktzutrittsschranken gekennzeichnet sind,
  • längerfristig nicht zu wirksamem Wettbewerb tendieren und
  • auf denen die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts allein nicht ausreicht, um einem Marktversagen entgegenzuwirken (sog. „Drei-Kriterien-Test“).

Auf nationaler Ebene legt die Bundesnetzagentur im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums Märkte fest, wobei sie der oben genannten Empfehlung der EU-Kommission (gemäß §§ 10 Abs. 2 und 11 Abs. 7 TKG) weitestgehend Rechnung trägt.

Nach der derzeit gültigen Märkte-Empfehlung der EU-Kommission von 2020 kommen die folgenden Märkte für eine Vorabregulierung in Betracht:

Markt Nr. 1: Vorleistungsmarkt für den an festen Standorten lokal bereitgestellten Zugang
Markt Nr. 2: Vorleistungsmarkt für dedizierte Kapazitäten

Darüber hinaus werden auch diejenigen Märkte weiterhin von der Bundesnetzagentur überprüft, die noch auf Basis vorhergehender Märkte-Empfehlungen als regulierungsbedürftig eingestuft sind.

Veröffentlichung der Ergebnisse

Die aus den Überprüfungen der Märkte resultierenden Ergebnisse von Marktdefinition (§ 10 TKG) und Marktanalyse (§ 11 TKG) dienen den Beschlusskammern in Form von Festlegungen als Grundlage für die Auferlegung von regulatorischen Maßnahmen gegenüber dem oder den betroffenen Unternehmen.

Die jeweils aktuellen Festlegungen der derzeit regulierungsbedürftigen Märkte sowie, im Falle der Deregulierung, die Festlegung der letztmaligen Überprüfung des jeweiligen Marktes, sind über die Einheitliche Informationsstelle abrufbar:

Hierüber erfolgt auch die in § 12 Abs. 6 (i.V.m. § 192) TKG vorgesehene Veröffentlichung der von der Präsidentenkammer getroffenen – jedoch noch nicht zwingend rechtskräftigen – Ergebnisse der Marktdefinition und Marktanalyse.

Insgesamt können alte wie neue Festlegungen der Präsidentenkammer (BK 1) über die Beschlussdatenbank abgerufen werden.

Vorgehen bei der Marktdefinition und -analyse

Um festzustellen, für welche Märkte in Deutschland überhaupt ein regulatorischer Eingriff notwendig ist, wird eine in drei bzw. zwei Schritten durchgeführte Definition und Analyse vorgenommen.

Zuerst zieht die Bundesnetzagentur dazu gemäß § 10 Abs. 1 TKG sachliche und räumliche Grenzen. In sachlicher Hinsicht ermittelt sie dabei die verschiedenen verfügbaren Produkte und untersucht sie auf ihre Austauschbarkeit hin. Nur Produkte, die aus Sicht der Nutzer (Nachfrager) zumindest vergleichbare Eigenschaften haben und deshalb gegeneinander austauschbar sind, fallen in einen gemeinsamen Markt. Nachdem die Produkte identifiziert sind, legt die Bundesnetzagentur die geografische Ausbreitung des Marktes fest. Die Grenze bilden dabei Gebiete, in denen die zuvor ermittelten Produkte unter zumindest vergleichbaren Bedingungen im selben bzw. vergleichbaren Ausmaß angeboten werden.

Im zweiten Schritt prüft die Bundesnetzagentur bei den auf diese Weise definierten Märkten, ob sie nach dem oben dargestellten Drei-Kriterien-Test für eine Regulierung in Betracht kommen (§ 11 Abs. Satz 1 TKG). Soweit dies der Fall ist, prüft sie im dritten Schritt, ob ein oder mehrere Unternehmen auf diesem Markt über beträchtliche Marktmacht verfügen (§ 11 Abs. 1 Satz 1, 4 TKG). Nur dann ist die Auferlegung von Verpflichtungen gerechtfertigt. Ein Unternehmen gilt als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, wenn es entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine der Beherrschung gleichkommende Stellung einnimmt. Damit ist eine wirtschaftlich starke Stellung gemeint, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Wettbewerbern, Kunden und Endnutzern zu verhalten. Unter bestimmten Voraussetzungen ist es nach § 11 Abs. 5 TKG auch möglich, dass diese marktmächtige Stellung auf einen benachbarten, für eine Regulierung in Betracht kommenden Markt übertragen wird. Zu einer solchen Übertragung kann es kommen, wenn ein Unternehmen auf zwei Märkten – beispielsweise dem Markt für Festnetzanschlüsse und dem Markt für Mobilfunkanschlüsse - tätig und auf einem davon auch marktmächtig ist. Durch das Angebot von bspw. Bündelprodukten kann eine Verbindung entstehen, die die Übertragung der Marktmacht erlaubt.

So ermittelt die Bundesnetzagentur, welche Märkte überhaupt zu regulieren sind und benennt konkret das oder die Unternehmen, dem/denen gegenüber Maßnahmen der Regulierung wie z.B. Einräumung eines Zugangs für Dritte aufzuerlegen sind. Ergibt die Prüfung des „Drei-Kriterien-Tests“, dass der betrachtete Markt bereits nicht regulierungsbedürftig ist (also mindestens eines der drei Kriterien nicht erfüllt ist), endet die Überprüfung bereits nach dem zweiten Schritt.

Datenerhebung

Als Grundlage für die Überprüfungen der Märkte bzw. bestehender Festlegungen dienen u.a. Auskünfte der am betreffenden Markt tätigen Unternehmen und deren statistische Analyse und Auswertung. Die Informationen können gem. § 203 Abs. 6 TKG durch verpflichtende Verfügungen eingeholt werden. Abfragen werden über das Meldeportal Telekommunikation durchgeführt.

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