Urteil zu Kundenanlagen
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinem Urteil vom 28. November 2024 entschieden, dass eine nationale Regelung europarechtswidrig ist, welche zusätzliche, über die von der Strombinnenmarktrichtlinie vorgesehenen hinausgehende, Ausnahmen von den Verpflichtungen eines Verteilernetzbetreibers vorsieht.
Streitgegenstand war der Anschluss von zwei Wohngebieten mit 96 bzw. 160 Wohneinheiten und jeweils mit diesen verbundenen KWK-Anlagen als sogenannte Kundenanlagen an das örtliche Verteilernetz. Kundenanlagen sind nach § 3 Nr. 16 EnWG nicht Teil des Energieversorgungsnetzes, die Betreiber solcher Anlagen sind entsprechend von den Netzbetreiberpflichten ausgenommen.
Der EuGH führt hierbei aus, dass der Begriff der Verteilung in der gesamten Union eine autonome und einheitliche Auslegung erhalten müsse. Die einzigen Beurteilungsmaßstäbe für das Vorliegen eines Verteilernetzes seien die Spannungsebene der weitergeleiteten Elektrizität sowie die Kategorie von Kunden, für die diese Elektrizität bestimmt ist. Nach den Ausführungen des EuGH sind die Größe der Anlage, die Anzahl der angeschlossenen Erzeugungs- und Verbrauchseinheiten sowie der Betreiber der Anlage für die Einstufung als Verteilernetz nicht von Relevanz.
Zwar hat der EuGH das Urteil in einem Vorabentscheidungsverfahren erlassen, welches für die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in dem Verfahren über den begehrten Anschluss einer Kundenanlage an das örtliche Verteilernetz erforderlich ist. Aufgrund der Herleitung der Antwort, stellt sich jedoch die Frage inwieweit überhaupt noch Raum für die bislang in § 3 Nr. 24 a), b) EnWG geregelten Ausnahmen von den Verpflichtungen eines Verteilernetzbetreibers verbleibt. Neben den Überlegungen über eine Anpassung des EnWG werden die konkreten Auswirkungen der Entscheidung auf die spezifischen Kundenanlagen im Einzelfall zu prüfen sein. Anhaltspunkte hierfür wird insbesondere die nun vom Bundesgerichtshof zu treffende Entscheidung bieten.