Aus­nah­men und Be­frei­un­gen für Ei­sen­bahn­ver­kehrs­un­ter­neh­men von Vor­ga­ben zur Un­ter­neh­mens­struk­tur

1) Eisenbahnverkehrsunternehmen, die ausschließlich tätig sind im Stadtverkehr, Vorortverkehr oder Regionalverkehr

  1. auf eigenständigen örtlichen und regionalen Schienennetzen für Verkehrsdienste auf Eisenbahnanlagen oder

    Eigenständige Schienennetze: Schienennetze der nichtbundeseigenen Eisenbahnen (§ 1 Abs. 24 ERegG)

    Örtliche Schienennetze: Zusammenhängende, also physisch verbundene, Schienennetze mit einer Streckenlänge von bis zu 100 km (§ 1 Abs. 24a ERegG)

    Regionale Schienennetze: Zusammenhängende, also physisch verbundene, Schienennetze mit einer Streckenlänge von bis zu 300 km (§ 1 Abs. 24b ERegG)

    Eisenbahnanlagen sind die in Anlage 1 des Eisenbahnregulierungsgesetzes aufgeführten Eisenbahninfrastrukturen (§ 1 Abs. 4 ERegG i.V.m. § 2 Abs. 6a AEG)
  2. auf Netzen, die nur für die Durchführung von Schienenverkehrsdiensten im Stadt- oder Vorortverkehr bestimmt sind.

    Stadt- oder Vorortverkehr: Verkehrsdienst mit dem Hauptzweck, die Verkehrsbedürfnisse eines Stadtgebietes oder eines, auch grenzüberschreitenden, Ballungsraumes sowie die Verkehrsbedürfnisse zwischen einem Stadtgebiet oder Ballungsraum und dem Umland abzudecken (§ 1 Abs. 4 ERegG i.V.m. § 2 Abs. 16 AEG)

    Ballungsraum: Städtisches Gebiet mit einer Einwohnerzahl > 250.000 oder ein Gebiet mit einer Bevölkerungsdichte von mehr als 1.000 Einwohnern pro Quadratkilometer (§ 2 Abs. 17 AEG)

    Keine Anwendung von §§ 5 bis 9 und 12 ERegG (Rechtsgrundlage: § 2 Abs. 1 ERegG).

    Rückausnahme: Abweichend von der Regelung in § 2 Abs. 1 ERegG gelten die §§ 5 und 6 ERegG gelten, wenn das Eisenbahnverkehrsunternehmen direkt oder indirekt von einem Dritten kontrolliert wird, der andere Schienenverkehrsdienste als Dienste im Stadtverkehr, Vorortverkehr oder Regionalverkehr erbringt oder durch Gesellschaften erbringt, an denen er mehrheitlich beteiligt ist. § 7 ERegG gilt für solche Eisenbahnverkehrsunternehmen auch hinsichtlich der Beziehung zwischen dem Eisenbahnverkehrsunternehmen und dem Dritten, der es direkt oder indirekt kontrolliert (Rechtsgrundlage: § 2 Abs. 2 ERegG)

    Die Nichtanwendung / Rückausnahme folgt aus dem Gesetz selbst. Eine Feststellung per Beschluss, dass ein Unternehmen unter eine gesetzliche Ausnahme fällt, ist der Bundesnetzagentur nicht möglich, weil es an der hierfür erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt. Es besteht aber für nichtbundeseigene Eisenbahnen die Möglichkeit, bei der für Eisenbahnverkehr zuständigen obersten Landesbehörde einen Antrag auf Feststellung zu stellen, dass eine Eisenbahn Stadt- und Vorortverkehr oder Regionalverkehr im Sinne des Eisenbahnregulierungsgesetzes betreibt (Rechtsgrundlage: § 2a Nr. 3 AEG).


2) Eisenbahnverkehrsunternehmen, wenn durch die Befreiung eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs nicht zu erwarten ist

Eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs ist in der Regel nicht zu erwarten, wenn die Verkehrsleistung des Eisenbahnverkehrsunternehmens 1 Mrd. Tonnen- oder Personenkilometer im Jahr nicht übersteigt.

Andere Gründe, warum eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs durch die Befreiung nicht zu erwarten ist, sind denkbar und müssen vom Antragsteller vorgetragen werden.

Ganz oder teilweise Befreiung von der Anwendung des §§ 5, 6, 7 Abs. 1, 2 und 4 Satz 1 ERegG sowie der §§ 8 bis 8d und § 12 ERegG auf Antrag und nach Entscheidung durch die Bundesnetzagentur, wenn kein atypischer Fall vorliegt, aufgrund dessen die Befreiung aus Gründen des Ermessens zu versagen ist (Rechtsgrundlage: § 2 Abs. 4 ERegG).

Ganz oder teilweise: Der Antragsteller entscheidet zunächst mit seinem Antrag über den möglichen Umfang der Befreiung. Die Entscheidung der Bundesnetzagentur erfolgt im Rahmen dieses Antrages und kann zu einer vollständigen oder einer auf bestimmte Normen beschränkten Befreiung führen.
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