Aus­nah­men und Be­frei­un­gen für Be­trei­ber ei­ner Ser­vice­ein­rich­tung von Zu­gangs- und Ent­gelt­re­ge­lun­gen

1) Betreiber einer Serviceeinrichtung, soweit die Serviceeinrichtungen an nicht regelspurigen Schienenwegen (Spurweite ≠ 1435 mm, vgl. § 5 Abs. 2 EBO) liegen

Keine Anwendung von Kapitel 3 des ERegG (Rechtsgrundlage: § 2b Abs. 1 ERegG)

Die Bewertung erfolgt getrennt nach der Art der Serviceeinrichtung und für alle Serviceeinrichtungen einer Art gesamthaft.

Die Nichtanwendung folgt aus dem Gesetz selbst. Eine Feststellung per Beschluss, dass ein Unternehmen unter eine gesetzliche Ausnahme fällt, ist der Bundesnetzagentur nicht möglich, weil es an der hierfür erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt.

2) Betreiber von Serviceeinrichtungen, wenn die Serviceeinrichtung oder die in ihr erbrachte Leistung hinsichtlich der Auslastung der Serviceeinrichtung, der Art und des Umfangs des potenziell betroffenen Verkehrs sowie der Art der in der in der Serviceeinrichtung angebotenen Leistungen ohne strategische Bedeutung für das Funktionieren des Schienenverkehrsmarkts ist

Die Bewertung, ob eine Serviceeinrichtung nach den genannten Kriterien ohne strategische Bedeutung für das Funktionieren des Schienenverkehrsmarkts ist, ist in einer Gesamtschau vorzunehmen. Die einzelnen Kriterien können für oder gegen eine strategische Bedeutung sprechen oder neutral zu werten sein. Die Bewertung erfolgt für jede Art der Serviceeinrichtung jeweils gesondert:

Personenbahnhöfe
Güterterminals
Rangierbahnhöfe und Zugbildungseinrichtungen einschließlich Rangiereinrichtungen
Abstellgleise
Wartungseinrichtungen
andere technische Einrichtungen einschließlich Reinigungs- und Wascheinrichtungen
See- und Binnenhafenanlagen mit Schienenverkehr
Hilfseinrichtungen
Einrichtungen für die Aufnahme von Brennstoffen und alternativen Kraftstoffen
Ladeeinrichtungen

3) Betreiber einer Serviceeinrichtung, wenn die Serviceeinrichtung oder die in ihr erbrachte Leistung in einem wettbewerblichen Umfeld mit einer Vielzahl von Wettbewerbern, die vergleichbare Leistungen erbringen, betrieben oder erbracht wird

Um festzustellen, ob das Kriterium erfüllt ist, berücksichtigt die Bundesnetzagentur die Substituierbarkeit der angebotenen Leistung, das relevante geographische Gebiet sowie den Grad des Wettbewerbs. Die Bewertung erfolgt getrennt nach der Art der Serviceeinrichtung bzw. Art der in ihr erbrachten Leistungen und für alle Serviceeinrichtungen einer Art bzw. gleiche Leistungen gesamthaft.

Für in Wartungseinrichtungen erbrachte Leistungen ist im Ausgangspunkt die Einschätzung der Wettbewerbssituation aus dem Wartungseinrichtungsbericht maßgeblich, die im Zeitverlauf Änderungen (mit * markiert) unterliegt. Für eine Ausnahme / Befreiung sind stabile Wettbewerbsverhältnisse erforderlich.

- Markt 1 (Betriebsnahe Instandhaltung von Fahrzeugen des SPNV): regional unterschiedlich
- Markt 2 (Betriebsnahe Instandhaltung von Diesellokomotiven des SGV): stabiler Wettbewerb
- Markt 3 (Schwere Instandhaltung von Diesellokomotiven): stabiler Wettbewerb
- Markt 4 (Betriebsnahe Instandhaltung von Elektrolokomotiven des SPFV und des SGV): moderater Wettbewerb
- Markt 5 (Schwere Instandhaltung von Elektrolokomotiven): moderater Wettbewerb
- Markt 6 (Schwere Instandhaltung von Dieseltriebwagen): stabiler Wettbewerb
- Markt 7 (Schwere Instandhaltung von Elektrotriebwagen): stabiler Wettbewerb
- Markt 8 (Betriebsnahe Instandhaltung von Reisezugwagen des SPFV): moderater Wettbewerb
- Markt 9 (Schwere Instandhaltung von Reisezugwagen): mittlerweile stabil* (Bericht: moderater Wettbewerb)
- Markt 10 (Betriebsnahe Instandhaltung von Triebzügen des SPFV): fehlender Wettbewerb
- Markt 11 (Schwere Instandhaltung von Triebzügen des SPFV): fehlender Wettbewerb
- Markt 12 (Instandhaltung von Güterwagen): stabiler Wettbewerb
- Markt 13 (Instandhaltung von Kesselwagen): stabiler Wettbewerb
- Markt 14 (Instandhaltung von Dampflokomotiven): moderater Wettbewerb
- Markt 15 (Instandhaltung von Gleisbau- und Soderfahrzeugen: moderater Wettbewerb

4) Betreiber einer Serviceeinrichtung, bei denen die Anwendung der Vorschriften des ERegG und/oder der DVO (EU) 2017/2177 das Funktionieren des Marktes für Serviceeinrichtungen beeinträchtigen könnte

Der Ausnahmegrund ist erfüllt, wenn in einem vermachteten Markt (= Markt, in dem sich die Marktmacht auf ein (oder wenige) Unternehmen konzentriert) durch die Anwendung der Pflichten des ERegG oder der Regelungen der DVO (EU) 2017/2177 der Restwettbewerb gefährdet wird. Mit der Ausnahme kann einem Unternehmen, für das die anderen beiden Ausnahmegründe (vgl. Nr. 1) und Nr. 2)) nicht greifen, eine gewisse Freiheit der Geschäftsausübung gegenüber dem marktbeherrschenden Unternehmen gegeben werden. Das antragstellende Unternehmen darf daher in dieser Konstellation nicht das marktbeherrschende Unternehmen sein.

In der DVO (EU) 2017/2177 ist das Beispiel genannt, dass ein Eisenbahnverkehrsunternehmen Leistungen für ein anderes Eisenbahnverkehrsunternehmen erbringt, um dieses an entlegenen Standorten im Rahmen der Zusammenarbeit, die zur Vermeidung der dem Unternehmen andernfalls entstehenden Kosten notwendig ist, zu unterstützen. Weitere Fälle, in denen der Ausnahmegrund vorliegen könnte, sind der Bundesnetzagentur nicht bekannt.

Die Bewertung erfolgt getrennt nach der Art der Serviceeinrichtung bzw. Art der in ihr erbrachten Leistungen und für alle Serviceeinrichtungen einer Art bzw. gleiche Leistungen gesamthaft.

In jedem Fall muss das antragstellende Unternehmen die Beeinträchtigung durch die Anwendung des ERegG und der DVO (EU) 2017/2177 plausibilisieren. Die Auswirkungen müssen den gesamten Markt von Serviceeinrichtungen betreffen, auf dem das antragstellende Unternehmen tätig ist. Erforderlich ist eine genaue Angabe, warum die Anwendung welcher Bestimmung(en) eine negative Auswirkung auf den relevanten Markt/die relevanten Märkte für Serviceeinrichtungen haben würde(n).

Bei Vorliegen einer der unter 2) bis 4) geschilderten Ausnahmegründe:

Ganz oder teilweise Befreiung von den Pflichten des § 13 ERegG und des Kapitels 3 unter Ausnahme der §§ 21 und 43 ERegG auf Antrag und nach Entscheidung durch die Bundesnetzagentur, wenn kein atypischer Fall vorliegt, aufgrund dessen die Befreiung aus Gründen des Ermessens zu versagen ist (Rechtsgrundlage: § 2b Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 oder Nr. 3 ERegG)

Ganz oder teilweise: Der Antragsteller entscheidet zunächst mit seinem Antrag über den möglichen Umfang der Befreiung. Die Entscheidung der Bundesnetzagentur erfolgt im Rahmen dieses Antrages und kann zu einer vollständigen oder einer auf bestimmte Normen beschränkten Befreiung führen.

Bei Wegfall der Voraussetzungen: Widerruf der Befreiung (§ 2b Abs. 4 ERegG)


Ausnahme von der Anwendung aller oder bestimmter Vorschriften der Durchführungsverordnung (EU) 2017/2177 (DVO (EU) 2017/2177) mit Ausnahme von Art. 4 Abs. 2 lit. a) bis d) und lit. m) sowie Art. 5 DVO (EU) 2017/2177 auf Antrag und nach Entscheidung durch die Bundesnetzagentur, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, aufgrund derer die Ausnahme aus Gründen des Ermessens zu versagen ist (Rechtsgrundlage Art. 2 Abs. 1 UAbs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Anstrich 1, Anstrich 2 oder Anstrich 3 DVO (EU) 2017/2177)

Ausnahme von der Anwendung aller oder bestimmter Vorschriften: Der Antragsteller entscheidet zunächst mit seinem Antrag über den möglichen Umfang der Ausnahme. Die Entscheidung der Bundesnetzagentur erfolgt im Rahmen dieses Antrages und kann zu einer vollständigen oder einer auf bestimmte Normen beschränkten Ausnahme führen.

Bei Wegfall der Voraussetzungen: Widerruf der Ausnahme (Art. 2 Abs. 4 DVO (EU) 2017/2177)

Bei Vorliegen einer der unter 2) bis 4) geschilderten Ausnahmegründe:

Für Betreiber einer Serviceeinrichtung, die ausschließlich von Betreibern kulturhistorischer Eisenbahnen für deren eigene Zwecke genutzt werden: Ausnahme von der Anwendung aller oder bestimmter Vorschriften der DVO (EU) 2017/2177 auf Antrag und nach Entscheidung durch die Bundesnetzagentur, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, aufgrund derer die Ausnahme aus Gründen des Ermessens zu versagen ist (Rechtsgrundlage: Art. 2 Abs. 1 UAbs. 2 i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Anstrich 1, Anstrich 2 oder Anstrich 3 DVO (EU) 2017/2177)

Ausnahme von der Anwendung aller oder bestimmter Vorschriften: Der Antragsteller entscheidet zunächst mit seinem Antrag über den möglichen Umfang der Ausnahme. Die Entscheidung der Bundesnetzagentur erfolgt im Rahmen dieses Antrages und kann zu einer vollständigen oder einer auf bestimmte Normen beschränkten Ausnahme führen.

Betreiber kulturhistorischer Eisenbahnen: Eisenbahnverkehrsunternehmen, die ihren Zugbetrieb nur mit historischen Eisenbahnfahrzeugen (älter als 50 Jahre oder deren Nachbauten) durchführen oder historische Eisenbahnfahrzeuge auf der Eisenbahninfrastruktur ausstellen oder sie im Betrieb präsentieren und dabei – sofern es um Personenverkehr geht – das Fahrerlebnis der Passagiere, nicht deren Beförderung von einem Start zu einem Zielpunkt im Vordergrund steht.

Bei Wegfall der Voraussetzungen: Widerruf der Ausnahme (Art. 2 Abs. 4 DVO (EU) 2017/2177)


Für Betreiber einer Serviceeinrichtung, die ausschließlich von Betreibern kulturhistorischer Eisenbahnen für eigene Zwecke genutzt werden bei Vorliegen des unter 1) geschilderten Ausnahmegrundes: Ganz oder teilweise Befreiung von den Pflichten des ERegG mit Ausnahme des § 17 Abs. 2 Nr. 1 ERegG auf Antrag und nach Entscheidung durch die Bundesnetzagentur, wenn kein atypischer Fall vorliegt, aufgrund dessen die Befreiung aus Gründen des Ermessens zu versagen ist (Rechtsgrundlage: § 2b Abs. 3 ERegG)

Befreiung von der Anwendung aller oder bestimmter Vorschriften: Der Antragsteller entscheidet zunächst mit seinem Antrag über den möglichen Umfang der Befreiung. Die Entscheidung der Bundesnetzagentur erfolgt im Rahmen dieses Antrages und kann zu einer vollständigen oder einer auf bestimmte Normen beschränkten Befreiung führen.

Betreiber kulturhistorischer Eisenbahnen: Eisenbahnverkehrsunternehmen, die ihren Zugbetrieb nur mit historischen Eisenbahnfahrzeugen (älter als 50 Jahre oder deren Nachbauten) durchführen oder historische Eisenbahnfahrzeuge auf der Eisenbahninfrastruktur ausstellen oder sie im Betrieb präsentieren und dabei – sofern es um Personenverkehr geht – das Fahrerlebnis der Passagiere, nicht deren Beförderung von einem Start zu einem Zielpunkt im Vordergrund steht.

Bei Wegfall der Voraussetzungen: Widerruf der Ausnahme (Art. 2b Abs. 4 ERegG)

5) Betreiber von Personenbahnhöfen, an deren Bahnhöfen Züge des Schienenpersonenfernverkehrs nur in unerheblichem Umfang halten

Nutzung in nur unerheblichem Umfang, wenn Halte des Schienenpersonenfernverkehrs maximal 10 Prozent an den Gesamthalten ausmachen.

Befreiung von den Vorgaben des § 37 ERegG auf Antrag und nach Entscheidung durch die Bundesnetzagentur, wenn kein atypischer Fall vorliegt, aufgrund dessen die Befreiung aus Gründen des Ermessens zu versagen ist (Rechtsgrundlage: § 2a Abs. 4 Satz 2 i. V. m. § 2a Abs. 4 Satz 1 ERegG).

Da § 37 ERegG ausschließlich auf Betreiber der Personenbahnhöfe des Bundes anwendbar ist, sind Anträge nicht-bundeseigener Unternehmen unzulässig.
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