Aus­nah­men und Be­frei­un­gen für Be­trei­ber der Schie­nen­we­ge von Vor­ga­ben zur Un­ter­neh­mens­struk­tur und der Pflicht zum Be­schluss ei­nes Ge­schäfts­plans

1) Betreiber der Schienenwege von nicht regelspurigen Eisenbahnen

(Spurweite ≠ 1435 mm, vgl. § 5 Abs. 2 EBO)

Keine Anwendung von §§ 8, 8a, 8b, 8c, 8d, 9 ERegG (Rechtsgrundlage: § 2 Abs. 3 Nr. 1 ERegG)

Die Nichtanwendung folgt aus dem Gesetz selbst. Eine Feststellung per Beschluss, dass ein Unternehmen unter eine gesetzliche Ausnahme fällt, ist der Bundesnetzagentur nicht möglich, weil es an der hierfür erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt.

2) Betreiber der Schienenwege regelspuriger Eisenbahnen

(Spurweite = 1435 mm, vgl. § 5 Abs. 2 EBO) oder von S-Bahnen ohne besondere Bahnstromsysteme (Wechselstrom von 15.000 V, 16 2/3 Hz. bzw. 16,7 Hz), soweit die Betreiber der Schienenwege:

a) eigenständige örtliche und regionale Schienennetze für Personenverkehrsdienste betreiben
Eigenständige Schienennetze: Schienennetze der nichtbundeseigenen Eisenbahnen (§ 1 Abs. 24 ERegG)

Örtliche Schienennetze: Zusammenhängende, also physisch verbundene, Schienennetze mit einer Streckenlänge von bis zu 100 km (§ 1 Abs. 24a ERegG)

Regionale Schienennetze: Zusammenhängende, also physisch verbundene, Schienennetze mit einer Streckenlänge von bis zu 300 km (§ 1 Abs. 24b ERegG)

Für Personenverkehrsdienste: Eine Nutzung durch den Güterverkehr in geringem Umfang (Betriebsleistung in Trassenkilometern im Güterverkehr ≤ 10 Prozent der gesamten Betriebsleistung und Umsatz aus Trassenentgelten im Güterverkehr ≤ 10 Prozent des gesamten Umsatzes aus Trassenentgelten) ist unschädlich.

b) nur für die Durchführung von Schienenpersonenverkehrsdiensten im Stadt- oder Vorortverkehr bestimmte Netze betreiben
Stadt- oder Vorortverkehr: Verkehrsdienst mit dem Hauptzweck, die Verkehrsbedürfnisse eines Stadtgebietes oder eines, auch grenzüberschreitenden, Ballungsraumes sowie die Verkehrsbedürfnisse zwischen einem Stadtgebiet oder Ballungsraum und dem Umland abzudecken (§ 1 Abs. 4 ERegG i.V.m. § 2 Abs. 16 AEG)

Ballungsraum: Städtisches Gebiet mit einer Einwohnerzahl > 250.000 oder ein Gebiet mit einer Bevölkerungsdichte von mehr als 1.000 Einwohnern pro Quadratkilometer (§ 2 Abs. 17 AEG)

c) regionale oder örtliche Schienennetze betreiben, die ausschließlich für regionale Güterverkehrsdienste genutzt werden, bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Zuweisung von Fahrwegkapazität auf dem betreffenden Netz für einen anderen Verkehrsdienst beantragt wird und der andere Verkehrsdienst im Verhältnis zu den regionalen Güterverkehrsdiensten die Strecke in mehr als nur begrenztem Umfang nutzt
Regionale Schienennetze: Zusammenhängende, also physisch verbundene, Schienennetze mit einer Streckenlänge von bis zu 300 km (§ 1 Abs. 24b ERegG)

Örtliche Schienennetze: Zusammenhängende, also physisch verbundene, Schienennetze mit einer Streckenlänge von bis zu 100 km (§ 1 Abs. 24a ERegG)

Regionale Güterverkehrsdienste: Güterverkehrsdienste mit dem Hauptzweck, die Versorgung einer, auch grenzüberschreitenden, Region abzudecken (angelehnt an: § 2 Abs. 18 AEG (Regionalverkehr))

Nutzung der Strecke in mehr als nur begrenztem Umfang: Betriebsleistung in Trassenkilometern > 10 Prozent der gesamten Betriebsleistung und Umsatz aus Trassenentgelten > 10 Prozent des gesamten Umsatzes aus Trassenentgelten

In allen unter a) bis c) genannten Fällen: Keine Anwendung von §§ 8, 8a, 8b, 8c, 8d und 9 ERegG (Rechtsgrundlage: Fall a): § 2 Abs. 3 Nr. 2 lit. a), Fall b): § 2 Abs. 3 Nr. 2 lit. b), Fall c): § 2 Abs. 3 Nr. 2 lit. c) ERegG (Erst-Recht-Schluss für örtliche Schienennetze))

Die Nichtanwendung folgt aus dem Gesetz selbst. Eine Feststellung per Beschluss, dass ein Unternehmen unter eine gesetzliche Ausnahme fällt, ist der Bundesnetzagentur nicht möglich, weil es an der hierfür erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt.

Wenn eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs vorliegt, ist die Bundesnetzagentur zur unverzüglichen Anordnung der Anwendung von §§ 8, 8a, 8b, 8c, 8d und 9 ERegG verpflichtet (Rechtsgrundlage: § 2 Abs. 7 ERegG).

Wenn im Fall Nr. 2 c) ein Zugangsberechtigter Fahrwegkapazität zur Durchführung eines anderen Verkehrsdienstes als einen regionalen Güterverkehrsdienst für die Nutzung des Netzes in mehr als nur geringem Umfang beantragt, ist die Bundesnetzagentur zur unverzüglichen Anordnung der Anwendung von §§, 8, 8a, 8c, 8d und 9 ERegG verpflichtet (Rechtsgrundlage: § 2 Abs. 8 ERegG).

Die Bundesnetzagentur muss diese Anordnungen (§ 2 Abs. 7 bzw. Abs. 8 ERegG) widerrufen, sobald die Voraussetzungen für die jeweilige Anordnung entfallen sind (Rechtsgrundlage: § 2 Abs. 9 ERegG).

3) Betreiber (≠ Hauptbetreiber bzw. DB Netz AG) von örtlichen Schienennetzen mit schwachem Verkehrsaufkommen,

die für den Güterverkehr zwischen einer Hauptstrecke und dem Abfahrts- oder dem Bestimmungsort der Verbringung entlang dieser Strecke genutzt werden, sofern

a) diese Strecken von einem einzigen Eisenbahnverkehrsunternehmen für Güterverkehrsdienste genutzt werden
oder
b) die wesentlichen Funktionen bezüglich dieser Strecken von einer nicht von einem Eisenbahnverkehrsunternehmen kontrollierten Stelle wahrgenommen werden.
Örtliche Schienennetze: Zusammenhängende, also physisch verbundene, Schienennetze mit einer Streckenlänge von bis zu 100 km (§ 1 Abs. 24a ERegG).

Schwaches Verkehrsaufkommen: Im Regelfall durchschnittlich zwei Güterzüge am Werktag, maximal zehn Güterzüge in einer Woche (vgl. BT-Drs. 19/9738, S. 113).

Wesentliche Funktionen: Entscheidung über die Zugtrassenzuweisung, einschließlich sowohl der Bestimmung als auch der Beurteilung der Verfügbarkeit und der Zuweisung von einzelnen Zugtrassen, und Entscheidungen über die Entgelte für die Nutzung der Eisenbahnanlagen, einschließlich ihrer Festlegung und Erhebung (§ 1 Abs. 4b ERegG).

Begrenzte Nutzung der Strecke auch für Personenverkehrsdienste (Betriebsleistung in Trassenkilometern im Personenverkehr ≤ 10 Prozent der gesamten Betriebsleistung und Umsatz aus Trassenentgelten im Personenverkehr ≤ 10 Prozent des gesamten Umsatzes aus Trassenentgelten) ist unschädlich.

→ Keine Anwendung von §§ 8, 8a, 8b, 8c, 8d und 9 ERegG (Rechtsgrundlage: § 2 Abs. 3 Nr. 3 ERegG)

Die Nichtanwendung folgt aus dem Gesetz selbst. Eine Feststellung per Beschluss, dass ein Unternehmen unter eine gesetzliche Ausnahme fällt, ist der Bundesnetzagentur nicht möglich, weil es an der hierfür erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt.

4) Betreiber (≠ Hauptbetreiber bzw. DB Netz AG) von regionalen Schienennetzen mit schwachem Verkehrsaufkommen,

die für den Betrieb regionaler Personenverkehrsdienste genutzt werden, die von einem einzigen, nicht bundeseigenen Eisenbahnverkehrsunternehmen durchgeführt werden, jedoch nur

a) bis zu dem Zeitpunkt, zu dem von einem anderen Zugangsberechtigten Kapazität für Personenverkehrsdienste auf diesem Schienennetz beantragt wird und
b) sofern das Unternehmen unabhängig von Eisenbahnverkehrsunternehmen ist, die Güterverkehrsdienste durchführen
Regionale Schienennetze: Zusammenhängende, also physisch verbundene, Schienennetze mit einer Streckenlänge von bis zu 300 km (§ 1 Abs. 24b ERegG)

Schwaches Verkehrsaufkommen: Im Regelfall durchschnittlich zwei Reisezüge am Werktag, maximal zehn Reisezüge in einer Woche (vgl. in Analogie zu BT-Drs. 19/9738, S. 113)

Regionale Personenverkehrsdienste: Personenverkehrsdienste mit dem Hauptzweck, die Versorgung einer, auch grenzüberschreitenden, Region abzudecken (angelehnt an: § 2 Abs. 18 AEG (Regionalverkehr))

Begrenzte Nutzung der Strecke auch für Güterverkehrsdienste (Betriebsleistung in Trassenkilometern im Güterverkehr ≤ 10 Prozent der gesamten Betriebsleistung und Umsatz aus Trassenentgelten im Güterverkehr ≤ 10 Prozent des gesamten Umsatzes aus Trassenentgelten) ist unschädlich

→ Keine Anwendung von §§ 8, 8a, 8b, 8c und 8d ERegG (Rechtsgrundlage: § 2 Abs. 3 Nr. 4 ERegG)

Die Nichtanwendung folgt aus dem Gesetz selbst. Eine Feststellung per Beschluss, dass ein Unternehmen unter eine gesetzliche Ausnahme fällt, ist der Bundesnetzagentur nicht möglich, weil es an der hierfür erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt.

5) Betreiber örtlicher und regionaler Schienennetze, deren Netz für das Funktionieren des Schienenverkehrsmarkts nicht von strategischer Bedeutung ist

Örtliche Schienennetze: Zusammenhängende, also physisch verbundene, Schienennetze mit einer Streckenlänge von bis zu 100 km (§ 1 Abs. 24a ERegG)

Regionale Schienennetze: Zusammenhängende, also physisch verbundene, Schienennetze mit einer Streckenlänge von bis zu 300 km (§ 1 Abs. 24b ERegG)

Ein örtliches oder regionales Schienennetz hat keine strategische Bedeutung für das Funktionieren des Schienenverkehrsmarkts, wenn die Betriebsleistung des Netzes 700.000 Trassenkilometer im Jahr nicht übersteigt oder das Netz von weniger als zehn Zugangsberechtigten regelmäßig genutzt wird (§ 2c Abs. 1 Satz 3 ERegG)

→ Keine Anwendung der §§ 8, 8a, 8c und 9 ERegG (Rechtsgrundlage: § 2c Abs. 1 Satz 1 ERegG)

Die Nichtanwendung folgt aus dem Gesetz selbst. Eine Feststellung per Beschluss, dass ein Unternehmen unter eine gesetzliche Ausnahme fällt, ist der Bundesnetzagentur nicht möglich, weil es an der hierfür erforderlichen Rechtsgrundlage fehlt.

6) Betreiber örtlicher und regionaler Schienennetze, deren Infrastrukturen für das Funktionieren des Schienenverkehrsmarkts nicht von strategischer Bedeutung sind

Örtliche Schienennetze: Zusammenhängende, also physisch verbundene, Schienennetze mit einer Streckenlänge von bis zu 100 km (§ 1 Abs. 24a ERegG)

Regionale Schienennetze: Zusammenhängende, also physisch verbundene, Schienennetze mit einer Streckenlänge von bis zu 300 km (§ 1 Abs. 24b ERegG).

Infrastrukturen, die für das Funktionieren des Schienenverkehrsmarkts nicht von strategischer Bedeutung sind:

- Die Betriebsleistung des Netzes beträgt maximal 700.000 Trassenkilometer im Jahr
oder
- Regelmäßige Nutzung des Netzes durch weniger als zehn Zugangsberechtigte

→ Ausnahme von der Anwendung des der §§ 8, 8a, 8c und 9 ERegG auf Antrag und nach Entscheidung durch die Bundesnetzagentur, wenn kein atypischer Fall vorliegt, aufgrund dessen die Ausnahme aus Gründen des Ermessens zu versagen ist (Rechtsgrundlage: § 2 Abs. 6 Satz 1 Halbsatz 1 ERegG)

Vor ihrer Entscheidung muss die Bundesnetzagentur die EU-Kommission über ihre Absicht, die Ausnahme zu gewähren, informieren. Die Entscheidung kann erst erfolgen, wenn die EU-Kommission ihre Einschätzung zur fehlenden strategischen Bedeutung in einem sog. Durchführungsrechtsakt festgehalten hat. Die Bundesnetzagentur entscheidet dann letztlich auf der Grundlage dieser Kommissionsentscheidung (§ 2 Abs. 6 Satz 2 und 3 ERegG). Nach der Mitteilung durch die Bundesnetzagentur kann es mehrere Monate dauern, bis die EU-Kommission ihre Entscheidung trifft. Die Bundesnetzagentur hat auf den zeitlichen Ablauf der Kommissionsentscheidung keinen Einfluss.

7) Betreiber der Schienenwege, wenn durch die Befreiung eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs nicht zu erwarten ist

Eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs ist in der Regel nicht zu erwarten, wenn:

- das Schienennetz als örtliches oder regionales Schienennetz zu qualifizieren ist, also das zusammenhängende, also physisch verbundene, Schienennetz eine Streckenlänge von bis zu 300 km umfasst (§ 1 Abs. 24a und 24b ERegG)
und
- die Betriebsleistung des Netzes 700.000 Trassenkilometer im Jahr nicht übersteigt.

Die Bundesnetzagentur behält sich vor, die Leistungen einzelner Verkehrsdienste und/oder Streckenabschnitte einer besonderen Prüfung zu unterziehen.

Andere Gründe, warum eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs durch die Befreiung nicht zu erwarten ist, sind denkbar und müssen vom Antragsteller vorgetragen werden.

→ Ganz oder teilweise Befreiung von der Anwendung des § 7 Abs. 1 und 2 ERegG sowie der §§ 8 bis 8d ERegG auf Antrag und nach Entscheidung durch die Bundesnetzagentur, wenn kein atypischer Fall vorliegt, aufgrund dessen die Ausnahme aus Gründen des Ermessens zu versagen ist (Rechtsgrundlage: § 2 Abs. 4 ERegG).

Ganz oder teilweise: Der Antragsteller entscheidet zunächst mit seinem Antrag über den möglichen Umfang der Befreiung. Die Entscheidung der Bundesnetzagentur erfolgt im Rahmen dieses Antrages und kann zu einer vollständigen oder einer auf bestimmte Normen beschränkten Befreiung führen.
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