DB Station&Service AG muss Preise für die Stationsnutzung auf Basis der tatsächlichen Zuglängen neu berechnen
Bundesnetzagentur verpflichtet DB Station&Service AG zur Neuberechnung der Preise für die Stationsnutzung auf Basis der tatsächlichen Zuglängen und erklärt Abschlagszahlungen in Ziffer 5.3 Infrastrukturnutzungsbedingungen Personenbahnhöfe Besonderer Teil für ungültig
Die Bundesnetzagentur hat mit zwei Bescheiden vom 6. Juni 2011 die DB Station&Service AG verpflichtet, für das Fahrplanjahr 2010/2011 gegenüber zwei Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) die Preise für die Stationsnutzung neu zu berechnen. Konkret wurde die Neuberechung auf Basis der tatsächlichen Zuglängen und der veröffentlichten Stationspreise angeordnet. Darüber hinaus wurden die Abschlagszahlungen in Ziffer 5.3 Infrastrukturnutzungsbedingungen Personenbahnhöfe Besonderer Teil (im Folgenden INBP-BT) für ungültig erklärt.
Beide EVU erbringen Verkehrsleistungen im Schienenpersonennahverkehr. Zum Fahrplanjahr 2010/2011 meldeten beide Unternehmen ihre Stationshalte fehlerhaft an, d.h. sie meldeten teilweise längere Züge an, als tatsächlich gefahren werden. Die DB Station&Service AG rechnet die Stationshalte gegenüber den beiden EVU auf Basis der Anmeldung und daher den angemeldeten Zuglängen ab. Die beiden EVU sahen darin eine Ungleichbehandlung gegenüber anderen EVU, denen gegenüber auf Basis der tatsächlichen Zuglängen abgerechnet wird. Zudem führte die DB Station&Service AG zum 1. Januar 2011 gemäß Ziffer 5.3 INBP-BT Abschlagszahlungen in Höhe von 85 Prozent des aus der Anmeldung resultierenden Entgeltvolumens zum 25. eines jeden Monats ein. Beide EVU wandten sich auch gegen die Abschlagszahlungen, da sie aufgrund ihres einwandfreien Zahlungsverhaltens keine Notwendigkeit für diese sahen. Beide EVU weigerten sich daher, einen Stationsnutzungsvertrag mit der DB Station&Service AG zu schließen. Ein EVU beantragte daraufhin bei der Bundesnetzagentur die Überprüfung der Stationspreise. Beim anderen EVU leitete die Bundesnetzagentur von Amts wegen ein Verfahren zur Überprüfung der Stationspreise ein.
Die Bundesnetzagentur hat im Rahmen ihrer Überprüfungen festgestellt, dass durch das Abrechnen der Stationshalte auf Basis der angemeldeten Zuglängen eine Diskriminierung vorliegt, da dadurch beide EVU preislich gegenüber anderen EVU benachteiligt werden, obwohl die gleiche Leistung in Anspruch genommen wird. So wird beispielhaft bei Zügen der beiden EVU unter 90m, die aber fehlerhaft mit über 90m angemeldet worden sind, ein Zuglängenfaktor von 1,2 angewendet. Bei allen anderen EVU wird hingegen bei Zügen von unter 90m ein Zuglängenfaktor von 1 angewendet, was einen niedrigeren Stationspreis zur Folge hat.
Dieser Ungleichbehandlung fehlte eine sachliche Rechtfertigung. Ein die Ungleichbehandlung möglicherweise rechtfertigender Stationsnutzungsvertrag ist zwischen den Parteien nicht geschlossen worden. Auch die fehlerhafte Anmeldung selbst ist nicht geeignet, die Ungleichbehandlung zu rechtfertigen. Der Anmeldung durch das EVU kommt im Eisenbahnrecht gerade keine verbindliche Bedeutung zu. Vielmehr handelt es sich bei der Anmeldung lediglich um eine Aufforderung an die DB Station&Service AG zur Abgabe eines Angebots.
Die Bundesnetzagentur hat sich daher in den vorliegenden Fällen dazu entschieden, gegenüber den beiden EVU eine Neuberechung auf Basis der tatsächlichen Zuglängen und der veröffentlichten Stationspreise anzuordnen.
Ferner hat die Bundesnetzagentur im Rahmen ihrer Überprüfungen festgestellt, dass eines der beiden EVU einen noch gültigen sog. Rahmenvertrag besitzt. Hierbei handelt es sich nicht um einen im Eisenbahnrecht geregelten Rahmenvertrag zur Fixierung von Bandbreiten für die Trassennutzung. Die DB Station&Service AG hat in der Vergangenheit mit diesem Vertrag die generellen Bedingungen für die Stationsnutzung vereinbart. Dieser Rahmenvertrag besitzt einen statischen Verweis auf Nutzungsbedingungen der DB Station&Service AG aus dem Jahr 1999. Weder der Rahmenvertrag selbst noch die Nutzungedingungen aus dem Jahr 1999 sehen Abschlagszahlungen vor. Das Eisenbahnrecht fordert jedoch, dass Einzelheiten des Zugangs, insbesondere das zu entrichtende Entgelt und die Nutzungsbedingungen, vertraglich zu vereinbaren sind. Somit gilt im Eisenbahnrecht der Grundsatz des Primats des Vertrages. Dieser führt dazu, dass ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen wie die DB Station&Service AG nur solche Zahlungsbedingungen zur Nutzung ihrer Infrastruktur einführen darf, die es gegenüber allen Zugangsberechtigten anwenden und durchsetzen kann. Gerade letzteres war bei den Abschlagszahlungen nicht der Fall. Gegenüber diesem EVU hat sich die DB Station&Service AG durch den Abschluss des sog. Rahmenvertrages dazu verpflichtet, den Zugang zu dem im Rahmenvertrag festgelegten Bedingungen zu gewähren, solange nichts anderes vereinbart wird. Da der neue Stationsnutzungsvertrag nicht unterschrieben wurde, war das Unternehmen somit nicht in der Lage, Abschlagszahlungen von diesem EVU einzufordern.
Infolgedessen hat sich die Bundesnetzagentur dazu entschieden, die Abschlagzahlungen i.S.d. Ziffer 5.3 INBP-BT insgesamt für ungültig zu erklären. Dadurch wird die Diskriminierung, die dadurch entsteht, dass von manchen EVU Abschlagszahlungen eingefordert werden können, von anderen hingegen nicht, abgestellt.
Stand: 27.06.2011