Re­gio­nal­fak­to­ren für un­gül­tig er­klärt

Bundesnetzagentur erklärt Regionalfaktoren der DB Netz AG für ungültig

Die Bundesnetzagentur hat mit Bescheid vom 5. März 2010 die Regionalfaktoren im Trassenpreissystem der DB Netz AG für ungültig erklärt. Das Unternehmen darf die Faktoren ab der Netzfahrplanperiode 2010/2011 nicht mehr bei der Trassenpreisberechnung anwenden, da diese den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur rechtswidrig behindern.

Die Regionalfaktoren sind ein Bestandteil des Trassenpreissystems der DB Netz AG. Das Preissystem beruht auf einem kategorisierten Grundpreis je Strecke. Insgesamt gibt es zwölf verschiedene Streckenkategorien, die unterschiedliche Ausstattungsmerkmale aufweisen. Je nach gewähltem Trassenprodukt, z. B. "Nahverkehrs Takt Trasse", wird dieser Grundpreis mit einem bestimmten Faktor multipliziert. Darüber hinaus können auf den Trassenpreis "leistungsabhängige Komponenten" sowie "sonstige Entgeltkomponenten" aufgeschlagen werden. Zur letztgenannten Kategorie gehören die Regionalfaktoren. Sie werden zurzeit für 40 Regionalnetze erhoben.

Das eisenbahnrechtliche Diskriminierungsverbot in § 14 Abs. 4 Satz 1 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG) verbietet es den Eisenbahninfrastrukturunternehmen, beim Zugang zur Eisenbahninfrastruktur die Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) ohne sachlichen Grund unterschiedlich zu behandeln. Da die DB Netz AG den Regionalfaktor ausschließlich auf nach bestimmten Kriterien ausgewählten Regionalstrecken des Schienenpersonennahverkehrs (SPNV) verlangt, führen diese zu ungerechtfertigt hohen Trassenentgelten für einzelne EVU, je nachdem, ob sie Nahverkehrsleistungen in Ballungsräumen oder auf den betroffenen Nebenstrecken erbringen.

Punktuell führen die Regionalfaktoren dazu, dass für Trassen auf schlecht ausgerüsteten, schwach befahrenen Strecken sogar leicht höhere Entgelte zu zahlen sind, als für Trassen auf Hochgeschwindigkeitsstrecken. So kostet eine Trasse auf einer Strecke der Kategorie "F6", die mit Geschwindigkeiten zwischen 101 km/h und 160 km/h befahren werden kann und überwiegend dem SPNV dient, im mit einem Regionalfaktor belasteten Mittelsachsen-Netz als Produkt "Nahverkehrs-Takt-Trasse" 7,27 Euro je Zug-km. Eine deutlich besser ausgestattete Trasse auf einer bundesweit angebotenen Strecke der Kategorie "F1", die mit einer Geschwindigkeit größer 200 km/h bis 280 km/h befahrbar ist und die überwiegend dem schnellen Verkehr dient, kostet auch als "Nahverkehrs-Takt-Trasse" nur 7,08 Euro je Zug-km.

Eine weitere Differenzierung wird zwischen diesen Regionalnetzen vorgenommen, da die Regionalfaktorhöhe von Regionalnetz zu Regionalnetz variiert. Sie schwankt dabei zwischen 1,0 und 1,91. Hieraus resultiert eine Ungleichbehandlung der mit dem Regionalfaktor belasteten Regionalnetze untereinander. Eine zur oben genannten Trasse im Mittelsachsen-Netz (7,27 Euro je Zug-km) vergleichbare Trasse auf einer Strecke im Oberpfälzischen Netz kostet aufgrund des niedrigeren Regionalfaktors lediglich 3,81 Euro je Zug-km.

Die preislichen Differenzierungen bedürfen einer sachlichen Rechtfertigung. Im Verlauf der Prüfungen konnte die DB Netz AG die Erhebung sowie die Höhe der Regionalfaktoren und damit die Ungleichbehandlung einzelner Strecken jedoch nicht mit sachlichen Gründen belegen. Auch die Behauptung, dass die Regionalfaktoren auf die geringe Auslastung der betroffenen Strecken und die damit einhergehende vermeintlich bestehende Kostenunterdeckung zurückzuführen sind, konnte weder sachlich noch rechnerisch nachvollziehbar begründet werden. Die höhere Bepreisung schwach befahrener Strecken läuft dem Ziel des Eisenbahnrechts zuwider, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. Sie führt gerade dazu, dass die betroffenen Strecken noch schlechter nachgefragt werden, da sich der Verkehrsbetrieb auf diesen Strecken immer weniger lohnt.

Der Preisaufschlag wird zudem auf Strecken erhoben, auf denen sich bislang der Wettbewerb im Schienenpersonennahverkehr konzentriert. Die Verteuerung dieser Strecken belastet den Wettbewerb auf der Schiene dabei erheblich. Durch die Entscheidung der Bundesnetzagentur wird daher die derzeitige Ungleichbehandlung aufgehoben und dadurch ein wirksamer Wettbewerb gewährleistet.

Die EVU müssen die Regionalfaktoren bis zum Beginn der Netzfahrplanperiode 2010/2011, dem 12. Dezember 2010, weiterhin zahlen. Der DB Netz AG verbleibt damit ein hinreichender Zeitkorridor, um durch entsprechende Korrekturen im Trassenpreissystem ein kostendeckendes Ergebnis sicherzustellen. Hierzu ist das Unternehmen gesetzlich verpflichtet. Das Unternehmen hat aber auch die Möglichkeit, durch eine unterjährige Anpassung der Preise einen rechtswidrigen Zustand zu vermeiden. Eventuell erforderliche Veröffentlichungen zur Stellungnahme für die Zugangsberechtigten und Fristen für Mitteilungen an die Bundesnetzagentur sind dabei zu berücksichtigen

Durch die Ungültigkeitserklärung der Regionalfaktoren ist die DB Netz AG aufgefordert, ihre Entgelte zu modifizieren, um einen kostendeckenden Betrieb ihrer Eisenbahninfrastruktur sicherzustellen. Die Bundesnetzagentur hat in ihrem Bescheid keine konkreten Maßnahmen zur Modifizierung des Trassenpreissystems vorgegeben. Auf diese Weise verbleibt ein ausreichender Gestaltungsspielraum bei der DB Netz AG.

Bescheid - Bundesnetzagentur erklärt Regionalfaktoren der DB Netz AG für ungültig (pdf / 3 MB)

Stand:  18.03.2010

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