Ei­sen­bahn­recht­li­che For­schungs­ta­ge 2013

Aktuelle Probleme des Eisenbahnrechts XIX

Logo Eisenbahnrechtliche Forschungstage in Tübingen

Fachtagung am 4. / 5. September 2013 in Tübingen

Zum neunzehnten Mal haben die Forschungsstelle für Planungs-, Verkehrs-, Technik- und Datenschutzrecht der Eberhard Karls Universität Tübingen, das Eisenbahn-Bundesamt und die Bundesnetzagentur die Eisenbahnrechtlichen Forschungstage ausgerichtet.


Wie auch im vergangenen Jahr trafen sich Eisenbahnrechtler, Experten aus Wissenschaft, Rechtsprechung und Praxis in Tübingen, um sich über aktuelle Themen aus den Bereichen Regulierung, Fahrgastrechte und Planungsrecht zu informieren und diese zu diskutieren.


Nach der Eröffnung der Veranstaltung und der Begrüßung der Gäste durch Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch (Universität Tübingen), Dr. Iris Henseler-Unger (Bundesnetzagentur) und Ralf Schweinsberg (Eisenbahn-Bundesamt) startete der Vortragsteil der Veranstaltung gleich mit zwei Referaten zu einem hochaktuellen europäischen Thema: dem 4. Eisenbahnpaket. Dr. Martin Ochs stellte die Änderungen und Neuerungen der Regelungen zur Eisenbahnsicherheit, zur Interoperabilität und zu den Befugnissen der ERA vor. Im Anschluss daran erläuterte Wolfgang Küpper vom BMVBS die Änderungen und Neuerungen der Regelungen zu Entflechtung, Liberalisierung und Vergabe. In der folgenden Diskussion zum 4. Eisenbahnpaket waren dann insbesondere der Bereich der Entflechtung und die Frage möglicher Mehrkosten durch eine vollständige Entflechtung der Deutschen Bahn AG strittige Themen.


Im nächsten Vortrag beschäftigte sich Dr. Jörg Sandvoss, Vorstand der DB Netz AG für Vertrieb und Fahrplan, mit der Frage „Regulierung aus unternehmerischer Sicht – Wer bezahlt die Infrastruktur?“. Ausgehend von fünf Kernthesen erläuterte er u.a. weshalb die wirtschaftliche Ausrichtung der Deutschen Bahn AG zum Erfolg des Schienensektors beigetragen hat. Zugleich verdeutlichte er die Notwendigkeit einer auskömmlichen Finanzierung der Infrastruktur. Auch die durch die Deutsche Bahn AG immer wieder angenommene Doppelregulierung bei Einführung einer Anreizregulierung war erneut Diskussionsgegenstand.


Nach der Mittagspause folgten aktuelle Rechtsthemen. So beschäftigte sich Jun.-Prof. Dr. Achim Czerny mit dem Thema Single Till / Dual Till am Beispiel von Personenbahnhöfen und Herr Wilmsmann mit § 77e des TKG, welcher die Mitnutzung von Eisenbahninfrastruktur für den Auf- und Ausbau der Telekommunikationsnetze der nächsten Generation regelt.


Den Abschluss des Veranstaltungstages bildeten zwei Vorträge aus dem Schienengüterverkehrsbereich. Wolfgang Groß, Referatsleiter bei der Bundesnetzagentur, gab in seinem Vortrag einen Überblick über die Herausforderungen im Bereich der Regulierung der Güterverkehrskorridore und zeigte die Lösungen und Lösungsansätze der Regulierungsbehörden auf. Er informierte über aktuelle Tätigkeitsfelder und gab abschließend einen Ausblick auf die kommenden Aufgaben. Im letzten Vortrag des Tages stellte Prof. Dr. – Ing. Thomas Siefer seine Untersuchung zur „Kapazitätssteigerung durch die Systematisierung von Trassen“ vor. Er erläuterte die Anforderungen und das Vorgehen und stellte dar, auf welchen Netz- und Streckenabschnitten eine Systematisierung sinnvoll sein könnte und welche weiteren Vorteile, neben der möglichen Kapazitätserhöhung, daraus entstehen könnten.


Der zweite Tag startete mit einer Darstellung der Regulierungspraxis und des Regulierungsumfeldes in 2012 und 2013 aus Sicht der DB Netz AG. Vortragender war Dr. Johannes Berg, Leiter des Regulierungsmanagements der DB Netz AG. Im Rahmen seines Vortrages ging er auf die kommenden Entwicklungen durch die Umsetzung des Recast in deutsches Recht, als auch auf den immer stärker werdenden Einfluss Europas auf die Regulierung ein. Weiteres Thema waren die nationalen Herausforderungen, sowohl im Zugangs- als auch im Entgeltbereich. Erwartungsgemäß unterschied sich seine Bewertung des Ist-Zustandes und des notwendigen weiteren Vorgehens in den einzelnen Bereichen von der der Bundesnetzagentur. Dies wurde insbesondere bei Themen, wie der Umsetzung des Recast, der Anreizregulierung oder der Regulierung von Serviceeinrichtungen deutlich.


Im Anschluss folgten Vorträge zum Thema Fahrgastrechte. Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch referierte zum Thema „unruly passengers“ während Magister Norman Schadler von der Schlichtungsstelle der Schienen-Control GmbH den Teilnehmern einen grenzüberschreitenden Einblick in die neuen österreichischen Fahrgastrechte und deren Unterschiede zum deutschen Recht gewährte.


Nachmittags folgte zunächst ein Vortrag von Dr. Stefan Kobes zum Abstandsgebot der Serveso II-Richtlinie bei der Planung von Verkehrswegen, welcher die Bereiche Planungsrecht und Immissionsschutzrecht miteinander verbanden. Der Referent zeigte auf, inwieweit bei der Ausweisung von Flächen und der Planung der konkreten Bebauung auf immissionsschutzrechtliche Belange zu achten ist.


Die letzten beiden Vorträge, in Form eines Co-Referats, beschäftigten sich mit der Erforderlichkeit von Stilllegungsverfahren nach § 11 AEG. Hauptaugenmerk dieser Vorträge lag auf dem Umbau des Stuttgarter Hauptbahnhofes im Rahmen von Stuttgart 21. Als erster Vortragender erläuterte Reinhard Hennes vom Eisenbahnbundesamt, weshalb seiner Ansicht nach beim (Um)Bau des Stuttgarter Bahnhofs keine Stilllegung gemäß § 11 AEG vorläge und eine entsprechende Genehmigung daher nicht notwendig sei. Demnach gingen mit den Baumaßnahmen zwar massive Veränderungen der Infrastruktur einher, die Funktion und Nutzbarkeit des Bahnhofs werde jedoch nicht nachhaltig negativ verändert, alle Fahrmöglichkeiten blieben schließlich erhalten. Der Co-Referent, Dr. Michael Sitsen, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht in der Kanzlei Orth Kluth, erklärte im anschließenden Vortrag, weshalb er eine gegenteilige Ansicht in der Sache vertritt und die Voraussetzungen für ein Stilllegungsverfahren nach § 11 AEG gegeben seien. Seiner Meinung nach handele es sich bei dem geplanten Bau des Durchgangsbahnhofes um einen Neubau und nicht um einen Umbau, da am Ende zwei eigenständige, vollständig funktionsfähige Bahnhöfe entstünden. Somit seien für den Kopfbahnhof eine Wiederinbetriebnahme und zuvor ein Stilllegungsverfahren erforderlich. Auch im Anschluss an diese beiden Vorträge entstand eine spannende Diskussion unter den Teilnehmern, in der die unterschiedlichen Auffassungen ausgetauscht wurden.


Nach zwei erfahrungsreichen Tagen mit interessanten Vorträgen und spannenden Diskussionen endeten die Eisenbahnrechtlichen Forschungstage 2013. Auch im nächsten Jahr werden die Eisenbahnrechtlichen Forschungstage in Tübingen stattfinden, dann in ihrer zwanzigsten Auflagen.

Für die Teilnehmer der Fachtagung stehen die Vorträge ab sofort zum Download bereit.

Weitere Informationen

Stand:  05.09.2013

Mastodon