Mittlere Genehmigung
Beim sog. „mittleren Genehmigungsverfahren“ handelt es sich um ein Verfahren für Betreiber der Schienenwege (BdS), die ein Schienennetz von höchstens 1000 Kilometern Länge betreiben, nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren unterliegen und infolge dessen unter den Anwendungsbereich des § 2a Abs. 1 Nr. 3 ERegG fallen. Danach sind die BdS gesetzlich teilweise von der Entgeltregulierung ausgenommen. Auch weiterhin haben diese BdS jedoch ein Genehmigungsverfahren nach den §§ 45 und 46 ERegG zu durchlaufen. Gemäß § 45 Abs. 1 Satz 2 ERegG ist die Genehmigung der Entgelte und Entgeltgrundsätze zu erteilen, soweit die Ermittlung der Entgelte den Anforderungen der §§ 24 bis 40 und 46 ERegG und die Entgeltgrundsätze den Vorgaben der Anlage 3 Nr. 2 zum ERegG entsprechen. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Vorschriften der §§ 24 bis 30 ERegG beim mittleren Genehmigungsverfahren keine Anwendung finden.
Als Entgeltmaßstab ist im Rahmen des mittleren Genehmigungsverfahrens § 32 ERegG heranzuziehen. Dieser bestimmt, dass die Entgelte für die Erbringung von Leistungen [in Summe] so bemessen sein müssen, dass sie die Kosten für die Erbringung dieser Leistungen, zuzüglich eines angemessenen Gewinns, nicht übersteigen und überdies [im Einzelnen] angemessen, nichtdiskriminierend und transparent sind. Eine Kostenunterdeckung gemäß § 31 Abs. 2 Satz 2 ERegG ist möglich, wenn diese voraussichtlich nur vorrübergehend ist oder die Gesamtkosten anderweitig gedeckt werden.
Hinsichtlich der Preisbildung sind die Vorgaben in den §§ 31 bis 40 ERegG zwingend zu beachten. Danach ist zu berücksichtigen, dass die Preise aus einem Sockelbetrag sowie einem Aufschlag zu bilden sind. Der Sockelbetrag muss den Kosten des unmittelbaren Zugbetriebs (uKZ) gemäß § 34 Abs. 3 ERegG entsprechen. Die uKZ sind solche Kosten, die im bestehenden Streckennetz durch eine spürbare Mengenänderung an Trassenkilometern als Mehrkosten entstehen. Hierzu enthält die Durchführungsverordnung (EU) 2015/909 der EU-Kommission spezifische Berechnungsvorgaben. Der Aufschlag gemäß § 36 Abs. 1 ERegG dient der Fixkostendeckung. Bei der Aufschlagsbildung ist sicherzustellen, dass die Belastbarkeit der jeweiligen Verkehrsdienste bzw. Marktsegmente berücksichtigt ist. Hierzu ist zunächst festzustellen, welche Verkehrsdienste und Marktsegmente für einen Betreiber der Schienenwege relevant sind. Zwingend ist eine Preisdifferenzierung nach Schienengüterverkehr (SGV), Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und sonstigen Verkehren im öffentlichen Dienstleistungsauftrag sowie Schienenpersonenfernverkehren (SPFV) (§ 36 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ERegG). Unterhalb dieser Verkehrsdienste ist im Bedarfsfall die Abgrenzung weiterer Marktsegmente vorgesehen. Als Hilfestellung dient hierfür die in Anlage 7 Nr. 1 zum ERegG geltende Liste.
Die jeweiligen Aufschläge auf die Kosten des unmittelbaren Zugbetriebs sind sodann so zu bilden, dass gemäß § 36 Abs. 1 ERegG die bestmögliche Wettbewerbsfähigkeit der Segmente des Eisenbahnmarktes gewährleistet wird. Aus ökonomischer Perspektive wird die bestmögliche Wettbewerbsfähigkeit aller Segmente des Eisenbahnmarkts – unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Bedingung einer Fixkostendeckung – durch Anwendung der Preisbildungsregelung nach Ramsey-Boiteux erreicht. Zur Anwendung dieser Preisbildungsregelung werden zunächst die uKZ für jedes Marktsegment festgestellt. Danach werden die bislang nicht auf die Marktsegmente zugeordneten Fixkosten auf die uKZ aufgeschlagen. Zur Aufteilung der Kosten auf die unterschiedlichen Marktsegmente ist deren Preisreagibilität entscheidend. Die Preisreagibilität drückt aus, in welchem Umfang die Nachfrage nach Trassen auf eine definierte Preisvariation bei den Trassenentgelten reagiert. Je stärker die nachgefragte Menge auf eine Preisänderung reagiert, desto geringer ist die Tragfähigkeit des Segments und desto geringer fällt ceteris paribus der relative Aufschlag für dieses Segment im Vergleich zu anderen Segmenten aus. Marktsegmente, in denen derzeit kein Verkehr festzustellen ist, erhalten keinen Aufschlag und sind mit den Kosten des unmittelbaren Zugbetriebs zu bepreisen. Sollten im Verlauf der Netzfahrplanperiode entsprechende Verkehre neu hinzukommen, tragen diese in dieser Netzfahrplanperiode nur die Kosten, die sie unmittelbar verursachen. Hierdurch entsteht dem Betreiber der Schienenwege kein Verlust, weil die Fixkosten bereits auf die anderen Nutzer verteilt wurden.
Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass bei bundeseigenen BdS die Ermittlung der Entgelte für den SPNV gemäß § 37 ERegG erfolgt. Danach haben bundeseigene BdS für Länder, denen vom Bund Mittel zur Förderung insbesondere des SPNV zur Verfügung stehen (im Folgenden: Regionalisierungsmittel), die Höhe der Entgelte für die Nutzung der Eisenbahnanlagen je Land festzulegen. Zudem sind die Entgelte für jedes Land so zu bemessen, dass sie den durchschnittlichen Entgelten der betroffenen Verkehre im jeweiligen Land in der Netzfahrplanperiode 2020/2021 entsprechen. Soweit sich der Gesamtbetrag der den Ländern zustehenden Regionalisierungsmittel seit dem Jahr 2021 bis zu dem Jahr, in dem das Entgelt tatsächlich zu zahlen ist, geändert hat, sind die Entgelte mit der in § 5 Absatz 3 des Regionalisierungsgesetzes festgesetzten jährlichen Änderungsrate (1,8 % bis zum Jahr 2025) anzupassen (sog. Trassenpreisbremse). Durch diese Preisbildungsregel im SPNV soll ein Gleichlauf zwischen der Veränderung der Regionalisierungsmittel und der Kosten der Zugangsberechtigten durch die Trassenpreise hergestellt werden.
Im Gegensatz zum „großen Genehmigungsverfahren“ ergibt sich bei der Entgeltregulierung im Rahmen des „mittleren Genehmigungsverfahrens“ eine wesentliche Erleichterung:
Keine Geltung der Anreizsetzung gemäß §§ 25 ff. ERegG
Die Anreizsetzung wird in den §§ 25 ff. ERegG geregelt, welche nur beim „großen Genehmigungsverfahren“ Anwendung findet. Durch die Anreizsetzung soll regulatorisch sichergestellt werden, dass die BdS einerseits eine Erhöhung des Volumens des Schienenverkehrs anstreben und dass andererseits Anreize zur Senkung der Kosten und der Trassenentgelte gegeben werden.
Weitere Entgeltkomponenten
Zudem unterliegen weitere Entgeltkomponenten ebenfalls einer Genehmigungspflicht. Hierbei lassen sich verpflichtende von optionalen gesetzlichen Vorgaben unterscheiden.