Fehlerhafte Datenmeldung im Effizienzvergleich
Vorgehen aufgrund einer fehlerhaften Datenmeldung im Effizienzvergleich
In den Effizienzvergleich fließen Aufwands- und Vergleichsparameter als Eingangsdaten ein. Die Aufwandsparameter ermittelt die jeweils zuständige Regulierungsbehörde im Rahmen der Kostenprüfung. Hierzu erfolgten die Erhebung und Prüfung von Kostendaten, die Bestimmung der dauerhaft nicht beeinflussbaren Kostenanteile, entsprechende Anhörungen und abschließende Mitteilungen an die Netzbetreiber bezüglich der ermittelten Aufwandsparameter. Die Bundesnetzagentur ist dabei sowohl auf die Datenlieferungen der Netzbetreiber als auch der Landesregulierungsbehörden angewiesen.
Verfahrensstand
Der Effizienzvergleich wurde mit der Veröffentlichung des Berichts vom 30.04.2024 abgeschlossen. Das finale Gutachten („EVS4-Gutachten“) ist Bestandteil der Festlegung der kalenderjährlichen Erlösobergrenzen für die vierte Regulierungsperiode Strom (2024 bis 2028).
Ein Großteil der Regelverfahren der Bundesnetzagentur ist bereits bestandskräftig beschieden. Alle übrigen Verfahren wurden mindestens bereits angehört. Nur in wenigen Einzelfällen liegt noch kein Beschluss vor.
Der Verfahrensstand der Landesregulierungsbehörden ist unterschiedlich: Teilweise sind die Verfahren bereits abgeschlossen, teilweise warten die Länder den Beschluss zum Produktivitätsfaktor ab und haben daher noch keine Festlegung der Erlösobergrenzen erlassen.
Falsche Einstufung eines Peer-Unternehmens aufgrund fehlerhafter Kostendaten
Nunmehr hat sich herausgestellt, dass bei einem Netzbetreiber in Landeszuständigkeit dauerhaft nicht beeinflussbare Kosten fehlerhaft zugeordnet wurden. Dieser Fehler führt in dem konkreten Fall zu einer erheblichen Veränderung der Kostendaten. Der betroffene Netzbetreiber war bislang mit 100 % Effizienz Peer-Unternehmen für zahlreiche andere Netzbetreiber. Der Fehler lag in der Sphäre der Regulierungsbehörden. Dass der betroffene Netzbetreiber den Fehler hätte erkennen können, führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.
Die Bundesnetzagentur hat nach Mitteilung des Fehlers die Auswirkungen auf den Effizienzvergleich geprüft. Dabei hat sie Auswirkungen auf die Modellgüte, individuelle Auswirkungen auf den konkreten Netzbetreiber sowie Auswirkungen auf die Effizienzwerte der übrigen Netzbetreiber betrachtet.
Das Modell aus dem finalen Gutachten ist weiterhin stabil
Die Korrektur der Kostendaten des betroffenen Netzbetreibers hat keine Auswirkungen auf die Güte und Stabilität des Effizienzvergleichsmodells. Die Analyse der Bundesnetzagentur hat gezeigt, dass die veränderte Datengrundlage keinen Einfluss auf die Modellwahl bzw. -bewertung hat.
Auswirkungen auf die Effizienzwerte
Der Effizienzwert des betroffenen Netzbetreibers sinkt deutlich. Dadurch verliert er seinen Status als Peer-Unternehmen und den Effizienzbonus.
Die Analyse der Bundesnetzagentur hat gezeigt, dass der betroffene Netzbetreiber selbst durch die Verschlechterung des Effizienzwerts maßgeblich betroffen ist, während die Auswirkungen auf die übrigen Netzbetreiber grundsätzlich gering sind.
Gleichwohl hat die Veränderung des Peer-Status des betroffenen Netzbetreibers direkten Einfluss auf weitere Netzbetreiber. Zudem wurden weitere Netzbetreiber durch einen veränderten SFA-Wert beeinflusst.
Mit dem korrigierten Wert des betroffenen Netzbetreibers hat die Bundesnetzagentur – unter Beibehaltung des bisherigen Effizienzvergleichsmodells – die Effizienzwerte neu ermittelt. Dabei wurden die Änderungen der DEA- und der SFA-Werte berücksichtigt.
Im Überblick ergeben sich folgende Änderungen:
Betroffener Netzbetreiber | Änderung des Effizienzwertes | -4,35 Prozentpunkte |
zusätzlich | Verlust des Effizienzbonus | |
Netzbetreiber mit höheren Effizienzwerten | Anzahl | 64 |
Maximale Abweichung in Prozentpunkten | +2,72 Prozentpunkte | |
Durchschnittliche Abweichung in Prozentpunkten | +0,36 Prozentpunkte | |
Netzbetreiber mit geringeren Effizienzwerten | Anzahl | 68 |
Maximale Abweichung in Prozentpunkten | -0,94 Prozentpunkte | |
Durchschnittliche Abweichung in Prozentpunkten | -0,16 Prozentpunkte | |
Netzbetreiber ohne Auswirkungen | Anzahl | 61 |
Würdigung durch die Bundesnetzagentur und weiteres Vorgehen
Dem Interesse an einer rechtzeitigen Regulierungsentscheidung und einem für alle Beteiligten gleichermaßen geltenden Regulierungsrahmen kann nach der Rechtsprechung ein erhebliches Gewicht beigemessen werden (BGH, Beschl. v. 20.12.2022 - EnVR 45/21). Es besteht ein erhebliches Interesse an einer Festlegung der Erlösobergrenzen zu Beginn der Regulierungsperiode. Eine Neuberechnung des gesamten Effizienzvergleichs würde diesem Interesse entgegenstehen.
Die Datengrundlage ist für den Effizienzvergleich in der Gesamtheit weiterhin tauglich für die Durchführung des Verfahrens. Auch das Effizienzvergleichsmodell ist nicht in Frage gestellt.
Die Bundesnetzagentur kommt nach Prüfung der potentiellen Auswirkungen zu dem Ergebnis, dass der Effizienzvergleich in der Fassung der Veröffentlichung des Berichts vom 30.04.2024 weiterhin Bestand hat. Dieser Gesamt-Effizienzvergleich ist der bundesweite Effizienzvergleich im Sinne des § 12 Abs. 1 ARegV, dessen Ergebnisse im Sinne des § 12 Abs. 6 ARegV von den Landesregulierungsbehörden verwendet werden.
Der Effizienzvergleich ist ein unselbständiges Teilverfahren bei der Festlegung der Erlösobergrenzen. Die Bundesnetzagentur kann nach der Rechtsprechung (BGH, Beschl. v. 26.09.2023 – EnVR 44/22) einen Stichtag für Datenkorrekturen setzen und danach erfolgte Berichtigungen grundsätzlich nicht berücksichtigen. Ein solcher Stichtag ist erforderlich, um in einem noch vertretbaren Zeitfenster eine valide, dann aber auch feststehende Datengrundlage für die Durchführung des Effizienzvergleichs zu erlangen. Der relevante Stichtag ist der 10.11.2023 (Stichtag des finalen Datensatzes 10.11.2023, vgl. Gutachten S. 65 f.). Dies ist der maßgebliche Zeitpunkt der Behördenentscheidung über den Gesamt-Effizienzvergleich. Danach erfolgte Änderungen sind nicht mehr in den Gesamt-Effizienzvergleich eingeflossen. Dem steht nicht entgegen, dass lediglich einige individuelle Effizienzwerte von Netzbetreibern z.B. in Folge von nachträglichen Änderungen der Aufwandsparameter abgeändert werden. Hätte die nachträgliche Änderung einzelner in die Datenbasis eingeflossener Werte in jedem Fall eine erneute Durchführung der einzelnen Schritte zur Folge, so würde jede Einzelentscheidung einen erheblichen Aufwand mit sich bringen. Für denjenigen Netzbetreiber, dessen Ausgangswerte aufgrund besonderer Umstände zu korrigieren sind, greift diese Erwägung nicht. Für ihn kann nach der Rechtsprechung der Effizienzwert auf der Grundlage der für alle Netzbetreiber herangezogenen Datenbasis erneut zu berechnen sein.
Die Datengrundlage ist in ihrer Gesamtheit weiterhin tauglich für die Durchführung des Verfahrens. Dies hat die Bundesnetzagentur überprüft. Auch die Komplexität und die zeitlichen Abläufe eines bundesweit durchgeführten und in Bescheiden von 15 Regulierungsbehörden sich niederschlagenden Teilverfahrens sprechen dafür, dass nicht in jedem Fall eine Neudurchführung des Gesamt-Effizienzvergleichs erforderlich ist. Es bedarf vielmehr einer Überprüfung, um zu beurteilen, ob es ermessensgerecht ist, beim Ergebnis des Gesamt-Effizienzvergleichs zu bleiben. Diese Überprüfung hat die Bundesnetzagentur durchgeführt.
Der Gesamt-Effizienzvergleich bleibt unangerührt. Es ist kein weiterer bundesweiter Effizienzvergleich durchzuführen. Der Gesamt-Effizienzvergleich ist – mit den erwähnten individuellen Anpassungen – weiterhin maßgeblich für die Festlegung der Erlösobergrenzen und Folgeverfahren. Zeitpunkt der Behördenentscheidung für das unselbständige Teilverfahren des Effizienzvergleichs ist weiterhin der Zeitpunkt des genannten Stichtags für den Effizienzvergleich.
Die Beschlusskammer hat die Vorgaben der Rechtsprechung zum eingeräumten Regulierungsermessen mit Bezug auf den vorliegenden Fall gewürdigt und sowohl die sich positiv als auch sich negativ ändernden Effizienzwerte näher betrachtet.
Diese Veröffentlichung dient der transparenten Darstellung des Fehlers und des allgemeinen Umgangs damit. Die konkreten Ermessenserwägungen erfolgen in der jeweils relevanten Festlegung, d.h. bei noch ausstehender Festlegung in der Erlösobergrenzenfestlegung, bei etwaigen Anpassungen bereits erlassener Erlösobergrenzenfestlegung im Anpassungsbeschluss.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs besteht jedoch mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit ausnahmsweise dann ein Anspruch auf Anpassung eines bestandskräftigen Verwaltungsakts, wenn die Aufrechterhaltung schlechthin unerträglich sei (vgl. BGH, Beschl. v. 23.01.2018 - EnVR 5/17).
Im Rahmen ihres Ermessens beabsichtigt die Beschlusskammer folgendes Vorgehen:
Vorgehen der Beschlusskammer bei individueller Verschlechterung des Effizienzwertes
Vor dem Hintergrund, dass der Effizienzvergleich ein Aspekt ist, der gemäß § 1 Abs. 1 EnWG eine u.a. möglichst preisgünstige, verbraucherfreundliche und effiziente leitungsgebundene Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität bezwecken soll, hat die Beschlusskammer insbesondere die potentiell geringeren Effizienzwerte betrachtet.
Die durchschnittliche Abweichung bei den Netzbetreibern, die sich verschlechtern würden, beträgt -0,16 Prozentpunkte und liegt damit in einem Bereich, der kaum spürbare Auswirkungen hat. Kein weiterer Netzbetreiber (abgesehen vom betroffenen Netzbetreiber) würde einen um mehr als 1 Prozentpunkt geringeren Effizienzwert erhalten.
Vor diesem Hintergrund erscheint der Beschlusskammer der Nutzen einer Berücksichtigung des Datenfehlers nicht als derart ausschlaggebend, dass eine Verfahrensverzögerung und weitere Verfahrensrisiken dadurch gerechtfertigt werden. Es wäre zwar im Interesse der Preisgünstigkeit, höher zu gewichten ist aber das Interesse an einer Rechtssicherheit für die Netzbetreiber zum aktuellen Zeitpunkt, in dem die neue Regulierungsperiode bereits läuft und ein Großteil der Verfahren bereits bestandskräftig beschieden wurden.
Maßgeblich für die Entscheidung sind neben der relativ geringen wirtschaftlichen Relevanz, der fortgeschrittene Verfahrensstand der EOG-Festlegungen sowie die Stabilität des Effizienzvergleichs insgesamt.
Vorgehen der Beschlusskammer bei individueller Verbesserung des Effizienzwertes
Zudem hat die Beschlusskammer die potentiellen positiven Auswirkungen auf die Effizienzwerte anderer Netzbetreiber betrachtet. Maßgebliche Kriterien sind hierbei insbesondere die Vorgaben in § 21 Abs. 2 S. 1 EnWG hinsichtlich der Kosten einer Betriebsführung, die denen eines effizienten und strukturell vergleichbaren Netzbetreibers entsprechen müssen, unter Berücksichtigung von Anreizen für eine effiziente Leistungserbringung und einer angemessenen, wettbewerbsfähigen und risikoangepassten Verzinsung des eingesetzten Kapitals.
In dieser Hinsicht ist zwar mit 64 Netzbetreibern eine relativ große Gruppe von Netzbetreibern betroffen. Insgesamt betrachtet stellen sich eher sehr geringe Auswirkungen ein. Im Einzelfall sind die Auswirkungen jedoch spürbar. Daher kommt die Beschlusskammer bei positiven Veränderungen zu einem differenzierten Vorgehen:
Der Wert von 0,1 Prozentpunkt liegt für die Fälle in der Zuständigkeit der Beschlusskammer in einem Bereich, der zur Überzeugung der Beschlusskammer jedenfalls zu klein ist, um hieraus zwingende Rückschlüsse für die Übertreffbarkeit und Erreichbarkeit der Effizienzvorgaben mittels möglicher und zumutbarer Maßnahmen (§ 21a Abs. 5 S. 4 EnWG) zu ziehen. Vielmehr erscheinen solche Abweichungen angesichts der methodenimmanenten Ungenauigkeiten, die letztlich immer nur ein Schätzergebnis widerspiegeln sowie der Sicherheitsmechanismen in der ARegV (insbesondere Bestabrechnung nach § 12 Abs. 3 ARegV, Möglichkeit der Berücksichtigung von Besonderheiten der Versorgungsaufgabe nach § 15 Abs. 2 ARegV sowie der Festlegung abweichender Effizienzvorgaben nach § 16 Abs. 2 ARegV) als nicht derart gravierend, dass eine Neuberechnung der Effizienzwerte erfolgen müsste.
Vorgehen der Beschlusskammer im Übrigen (Änderungen, Anträge nach § 15 Abs. 1 ARegV, Bonusberechnung)
Sofern sich weitere Veränderungen in den Aufwandsparametern ergeben, werden diese auf Basis des EVS4-Gutachtenmodells (Stichtag des finalen Datensatzes 10.11.2023, vgl. Gutachten S. 65 f.) berechnet.
Gleiches gilt für Anträge nach § 15 ARegV: Hierfür wird das EVS4-Gutachtenmodell herangezogen.
Die Bonusberechnung ist separat zu betrachten und mit dem EVS4-Gutachten abgeschlossen.
Vorgehen der Landesregulierungsbehörden
Der Sachverhalt und die oben dargestellte Bewertung sind mit den Landesregulierungsbehörden abgestimmt. Die Entscheidung, ob eine individuelle Anpassung bei den Netzbetreibern in Landeszuständigkeit vorzunehmen ist, verbleibt bei den Landesregulierungsbehörden.
Liste der netzbetreiberbezogenen Veränderungen