BK6-06-012 Beschlüsse der BK6

Veröffentlichung von Eckpunkten im Festlegungsverfahren gegen die vier Übertragungsnetzbetreiber nach § 27 Abs. 2 StromNZV; Ausschreibung Minutenreserve    (BK6-06-012 – 1-4)

Am 22.03.2006 hat die Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur zum Verfahren zur Ausschreibung von Regelenergie in Gestalt der Minutenreserve gegen die vier Übertragungsnetzbetreiber unter o.g. Aktenzeichen je ein Festlegungsverfahren nach § 27 Abs.2 StromNZV eingeleitet. Die Beschlusskammer beabsichtigt ihre Entscheidungen auf Basis folgender Eckpunkte zu treffen:

1. Die bisher praktizierte vollständige tägliche Ausschreibung der Minutenreserve ist beizubehalten.

Nach Auswertung der Konsultation und Diskussion mit den Marktteilnehmern sprechen die besseren Argumente dafür, für die Minutenreserveleistung die vollständig tägliche Ausschreibung beizubehalten. Sie ist seit Umsetzung der Fusionsauflagen des BKartA bisher gängige Praxis im deutschen Regelenergiemarkt und entspricht der Meinung der überwiegenden Zahl der Marktteilnehmer.

Von den Marktteilnehmern sind verschiedene Vorschläge im Hinblick auf die Ausschreibungszeiträume eingegangen. Das von den Übertragungsnetzbetreibern am 09.12.2005 vorgestellte Konzept zur Ausgestaltung der Ausschreibung von Minutenreserve sieht vor, für 50% des Minutenreservebedarfs eine Jahresausschreibung, für 30% des Bedarfs eine Monatsausschreibung und für 20% des Bedarfs eine tägliche Ausschreibung vorzunehmen. Nach Diskussion mit relevanten Marktteilnehmern ist daraufhin ein zweiter Vorschlag der Übertragungsnetzbetreiber eingegangen, in dem die Beschaffung des Minutenreservebedarfs zu 50% in einer Monatsausschreibung und zu 50% in einer täglichen Ausschreibung erfolgen sollte.

Im Gegensatz zur täglichen Ausschreibung begünstigen langfristige Ausschreibungszeiträume die Teilnahme insbesondere von Anbietern, die über große Kraftwerkskapazitäten verfügen, da nur diese die Vorhaltung von Minutenreserve über einen längeren Zeitraum gewährleisten können. Insbesondere werden industrielle Anbieter von Minutenreserve, die das Abschalten großer Lasten anbieten können, sich darauf nicht für einen längeren Zeitraum im Vornhinein festlegen. Damit reduziert sich die Anzahl der Anbieter für Minutenreserve auf eine geringe Anzahl großer Erzeuger und vielleicht vereinzelten Kleinanbietern. Dies birgt die Gefahr der Ausübung von abgestimmten Verhaltensweisen oder Verdrängungsstrategien gegenüber verbliebenen kleineren Anbietern. Solche Strategien führen zu weniger Wettbewerb auf dem Markt für Minutenreserve, für potentiell eintretende Anbieter zu einer Marktschließung. Ziel der Ausschreibungsbedingungen für Minutenreserve sollte es aber sein, die Zahl der Anbieter von Minutenreserve zu erhöhen. Da umgekehrt die bisherigen Ermittlungen keine belastbaren Indizien dafür ergeben haben, dass längere Ausschreibungszeiträume eine größere Zahl von Kraftwerksbetreibern zum Angebot von Regelenergie motivieren könnten, ist die konsequente Beibehaltung der gängigen Praxis der sinnvollere Weg.

Eine gelegentlich behauptete potentielle Gefährdung der Versorgungssicherheit durch ein zu geringes Angebot von Minutenreserveleistung an einzelnen Tagen ist den veröffentlichten und den der Beschlusskammer zur Verfügung gestellten Daten zum Minutenreservemarkt nicht zu entnehmen.

Die Übertragungsnetzbetreiber haben Bedenken im Hinblick auf eine Erhöhung des Volumen- und Preisrisikos bei kurzfristigen Ausschreibungszeiträumen geäußert. Zuzugeben ist, dass ein Risiko eines Nachfrageüberhangs bzw. einer Bedarfsunterdeckung auftauchen könnte, wenn ein struktureller Mangel an Erzeugungskapazität vorherrscht. Bisher liegen aber keine Kenntnisse über strukturell unzureichende Erzeugungskapazitäten vor. So könnte es eher zu einem Anstieg des Volumenrisikos kommen, wenn aufgrund strategischen Verhaltens der Großerzeuger eine Verdrängung von Konkurrenten stattfindet und die Anbieterzahl hierdurch sinkt. Dies könnte ebenfalls negative Auswirkungen auf die Liquidität im Spotmarkt haben, was wiederum zu einer Gefährdung der Versorgungssicherheit führen kann, wenn Marktteilnehmer wegen mangelnder Liquidität ihren Bedarf nicht am Spotmarkt decken und stattdessen auf den Bezug von Ausgleichsenergie zurückgreifen.

Im Hinblick auf die Preisvolatilität ist der Bundesnetzagentur bewusst, dass längerfristige Ausschreibungen eine stabilisierende Wirkung haben könnten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass hiermit automatisch Preissenkungen bzw. das Eintreten wettbewerblicher Preise einhergehen. Ziel ist es, eine Korrelation zwischen den Preisen am EEX Spotmarkt und der Ausgleichsenergie zu erreichen. Ein Preisrisiko ist für Übertragungsnetzbetreiber aufgrund der kostenorientierten Festlegung der Ausgleichsenergiepreise gemäß §§ 23, 21 Abs.2 EnWG und der Verrechnung der Kosten für die Vorhaltung für Regelenergie in die Netznutzungsentgelte nach § 8 Abs. 1 StromNZV zu vernachlässigen. Insoweit sind keine nachteiligen Wirkungen zu erwarten. Darüber hinaus würden entsprechende Preise für die Beschaffung von Minutenreserve indizieren, dass Anreize für Investitionen in neue Erzeugungskapazitäten bestehen.

2. Die gemäß § 6 Abs. 2 StromNZV den Übertragungsnetzbetreibern ermöglichte   
Ausschreibung eines technisch notwendigen Anteils an Regelenergie aus Kraftwerken in 
ihrer Regelzone (im Folgenden Kernanteil) und des regelzonenübergreifenden Anteils sind 
zeitlich gemeinsam vorzunehmen.

Gemäß § 6 Abs.2 StromNZV sind die Übertragungsnetzbetreiber zum Zweck der Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach §§ 12 Abs.1 und 3, 13 Abs.1 EnWG berechtigt, einen technisch notwendigen Anteil an Regelenergie aus Kraftwerken ihrer Regelzone auszuschreiben, soweit dies zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in ihrer jeweiligen Regelzone, insbesondere zur Aufrechterhaltung der Versorgung im Inselbetrieb nach Störungen erforderlich ist. Vor dem Hintergrund einer wettbewerblichen Marktentwicklung erachtet es die Bundesnetzagentur für sinnvoll, die Ausschreibung des Kernanteils und des regelzonenübergreifenden Anteils zeitlich gemeinsam vorzunehmen. Diese Vorgehensweise entspricht ebenfalls der Meinung der Mehrheit der Marktteilnehmer. Die Übertragungsnetzbetreiber schlugen eine zeitlich gestaffelte Ausschreibung des Kernanteils und des regelzonenübergreifenden Anteils vor, wobei ersteres zeitlich vor letzterem erfolgen sollte. Sie stimmten im Erörterungstermin am 15.02.06 gleichwohl dem Vorgehen der Bundesnetzagentur zu.

Eine gemeinsame Ausschreibung führt selbst vor dem Hintergrund der von einigen Marktteilnehmern begrüßten Möglichkeit, bei einer zeitlich gestaffelten Ausschreibung ein erneutes Angebot abgeben zu können, zu einer Entwicklung hin zu mehr Wettbewerb. Eine gemeinsame Ausschreibung vermeidet Informationsasymmetrien zwischen Anbietern des Kernanteils und den Anbietern, die ausschließlich an der gemeinsamen Ausschreibung teilnehmen. Hierdurch kann verhindert werden, dass Anbieter des Kernanteils in ihrer jeweiligen Regelzone mittels abgestimmter Verhaltensweisen das Preisniveau künstlich hoch halten oder Konkurrenten aus dem Markt drängen.

Aus § 6 Abs. 2 StromNZV erfolgt darüber hinaus keine Notwendigkeit, die Ausschreibung beider Anteile separat bzw. zeitlich gestaffelt vorzunehmen.

3. Der Ausschreibungszeitpunkt der Minutenreserveleistung ist zeitlich vor der Spotmarkt- 
Auktion der EEX zu setzen.

Die Ausschreibung der Minutenreserve findet zeitlich vor der Auktion im Spotmarkt der EEX statt. Hier schließt sich die Bundesnetzagentur dem Votum der Mehrheit der Marktteilnehmer an. Auch die Übertragungsnetzbetreiber haben in ihrer Stellungnahme eine Ausschreibung zeitlich vor der Spotmarkt-Auktion plädiert und tragen daher diese Vorgehensweise mit.

Auf diese Weise wird eine hohe Liquidität im Markt für Minutenreserve und damit eine hohe Wahrscheinlichkeit der Bedarfsdeckung und eine Verringerung des Volumenrisikos erreicht. Zudem wird den Marktteilnehmern hierdurch die Möglichkeit eingeräumt, im Minutenreservemarkt nicht verkaufte Mengen zu einem späteren Zeitpunkt am Spotmarkt anzubieten.

4. Der Kernanteil im Sinne des § 6 Abs. 2 StromNZV beträgt 50% der Summe des Bedarfs 
an Sekundärregelleistung und Minutenreserve, wobei hinsichtlich der Sekundärregel- 
leistung mindestens 2/3 des Bedarfs innerhalb der Regelzone zu erbringen ist.

§ 6 Abs. 2 StromNZV berechtigt die Betreiber von Übertragungsnetzen einen technisch notwendigen Teil an Regelenergie aus Kraftwerken in ihrer Regelzone auszuschreiben, sofern und soweit dies zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit, insbesondere zur Aufrechterhaltung der Versorgung im Inselbetrieb nach Störungen, erforderlich ist. Damit ist allerdings kein Selbstbestimmungsrecht der Übertragungsnetzbetreiber verbunden, sondern ein materielles Kriterium benannt, das die Regulierungsbehörde – bei Nachweis der im Gesetz genannten Voraussetzungen durch den Übertragungsnetzbetreiber – im Rahmen der Festlegung nach §§ 29 EnWG, 27 Abs. 1 Nr. 2 StromNZV zu berücksichtigen hat.

Mit der vorgesehenen Festlegung des sog. Kernanteils in Höhe von 50% der Summe des Bedarfs an Sekundärregelleistung und Minutenreserve, innerhalb derer 2/3 des Bedarfs an Sekundärregelleistung innerhalb der Regelzone zu erbringen ist, folgt die Bundesnetzagentur dem Vorschlag der Übertragungsnetzbetreiber. Insgesamt haben die Stellungnahmen ergeben, dass im Markt keine einheitliche Meinung bezüglich der Notwendigkeit und der Höhe eines Kernanteils gegeben ist. Vielfach wurde der Nachweis von Lastflusssimulationen gefordert.

Der Vorschlag der Übertragungsnetzbetreiber beruft sich auf Vorgaben der UCTE, die allerdings die Bundesnetzagentur in ihrer Einschätzung nicht binden können, zumal die einschlägigen Dokumente weder offiziell von der UCTE veröffentlicht sind noch sich selbst Bindung beimessen, sondern lediglich davon sprechen „To gain experience ... it is proposed ...“. Gleichwohl spricht der hohe Rang der Versorgungssicherheit dafür, bis zum Vorliegen weiterer Erkenntnisse zunächst den Vorschlägen der Übertragungsnetzbetreiber zu folgen.

Die Bundesnetzagentur beabsichtigt zur weiteren Sachaufklärung, die Bestimmung des Kernanteils einer gutachterlichen Prüfung zu unterziehen. Vor dem Hintergrund eines derzeit noch offenen Ergebnisses ist auch nicht auszuschließen, dass, wie von einzelnen Übertragungsnetzbetreibern gefordert, beim Vorliegen qualifizierter Gründe wie bspw. Starkwindeinspeisung eine Erhöhung des Kernanteils in bestimmten Regelzonen über die von der UCTE vorgeschlagenen Werten hinaus erfolgen könnte. In solchen Fällen würde die Beschlusskammer jeweils gesondert entscheiden.

5. In Bezug auf die Zeitscheiben für die Leistungsvorhaltung hat diese in sechs Zeitscheiben 
zu jeweils vier Stunden zu erfolgen.

In Bezug auf die Zeitscheiben für die Leistungsvorhaltung ergeben die Stellungnahmen der Marktteilnehmer eine große Präferenz für sechs Zeitscheiben von jeweils vier Stunden. Die Bundesnetzagentur schließt sich dieser Vorgehensweise an.

Die im Konzept der Übertragungsnetzbetreiber vorgeschlagenen Zeitfenster orientieren sich an den Börsenzeiten für Peakload (werktags 8:00-20:00 Uhr) und Offpeak (werktags 0:00-8:00 Uhr und 20:00-24:00 Uhr; samstags, sonntags und bundeseinheitliche Feiertage 0:00-24:00 Uhr). Allerdings willigten die Übertragungsnetzbetreiber im Anhörungstermin am 15.02.06 in die vom überwiegenden Teil des Marktes vorgezogenen Vorgehensweise ein.

Längerfristige Zeitscheiben führen zu einem Ausschluss von denjenigen Kapazitäten, die nicht für den gesamten Zeitraum zur Verfügung stehen. Noch kürzere Zeitfenster, wie bspw. stündliche, erzeugen wiederum aufgrund der stündlichen Änderungen der Angebotskurve und der damit einhergehenden kurzfristigen Änderungen der Abrufe unverhältnismäßig hohe Transaktionskosten für alle Marktteilnehmer.

Insoweit ermöglicht die im Markt präferierte Vorgehensweise der sechs Zeitscheiben die Einbeziehung sämtlicher bekannter Kapazitäten sowie eine weitgehende Flexibilität der Marktteilnehmer. Die Umsetzbarkeit wird zudem durch die derzeitige Anwendung durch einen Übertragungsnetzbetreiber belegt.

6. Die bisherige Vorgehensweise, die Vorhaltung der Minutenreserve durch den 
Leistungspreis zu vergüten und für den tatsächlichen Einsatz der Minutenreserve den 
Arbeitspreis in Rechnung zu stellen, ist beizubehalten.

Die bisherige Vorgehensweise hinsichtlich der Ausschreibung von Regelenergie sieht vor, den Leistungspreis für die Vorhaltung der Regelenergie und den Arbeitspreis für den tatsächlichen Einsatz in Rechnung zu stellen. Diese Vorgehensweise soll beibehalten werden. Auch die Übertragungsnetzbetreiber erklärten sich hiermit einverstanden.

Die Bundesnetzagentur hatte selbst Überlegungen angestellt, alternative Kriterien für den Regelenergieabruf heranzuziehen. Die Mehrheit der Marktteilnehmer sah auch eine Möglichkeit, für die Zuschlagserteilung bspw. eine Mischkalkulation aus Leistungs- und Arbeitspreis vorzunehmen. Auf diese Weise sollte verhindert werden, dass durch strategische Angebotssetzung der Arbeitspreis hoch gehalten wird. Weiterhin wurde vorgeschlagen worden, den Anteil des Arbeitspreises in einer Mischkalkulation zwischen 10 und 30% anzusetzen. Jedoch sind die Auswirkungen nach erster Einschätzung zu gering, um wesentliche Änderungen der Merit-Order zu bewirken.

Die Bundesnetzagentur hat die Marktteilnehmer aufgefordert, Konzepte vorzulegen, die unter Umständen auch kurzfristig einsetzbar wären, um strategisches Angebotsverhalten vorzubeugen. Dies ist bisher nicht gelungen. Insoweit sind die konkrete Ausgestaltung sowie die Auswirkungen der Änderungsvorschläge nicht abschließend geklärt. Das bisherige Verfahren bleibt daher bestehen.

7. Die Mindestangebotsgröße für die Teilnahme am Minutenreservemarkt wird auf 15 MW 
jeweils für positive und negative Minutenreserve festgesetzt. Die für den Regel- 
energiemarkt ermöglichte Bildung von Anbietergemeinschaften zum Erreichen der 
Mindestangebotsgröße entsprechend § 6 Abs. 4 Satz 4 StromNZV muss innerhalb der 
jeweiligen Regelzone erfolgen. Die Übertragungsnetzbetreiber sind gehalten, für die 
ersten 12 Monate nach Implementierung der festgelegten Ausschreibungsmethode der 
Bundesnetzagentur Erfahrungsberichte zu übermitteln. Hierzu sind zusätzlich zu den auf 
der gemeinsamen Internetplattform veröffentlichten Daten Angaben zu machen, welche 
Angebote der Minutenreserve durch die Übertragungsnetzbetreiber abgerufen wurden.

Eine Voraussetzung für die Teilnahme am Regelenergiemarkt ist neben dem Nachweis der zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit erforderlichen Anforderungen für die Erbringung der unterschiedlichen Regelenergiearten und insbesondere dem Nachweis der notwendigen technischen Fähigkeiten und die ordnungsgemäße Erbringung der Regelleistung unter betrieblichen Bedingungen nach § 6 Abs. 5 StromNZV die Einhaltung der Mindestangebotsgröße. Die Übertragungsnetzbetreiber können gemäß § 6 Abs. 4 StromNZV Mindestangebote für die Regelenergiebeschaffung festlegen. Derzeit beträgt das Mindestangebot einheitlich in allen deutschen Regelzonen 30 MW jeweils für positive und negative Minutenreserve.

Die zu treffende Festlegung verlangt eine Abwägung zwischen dem Interesse, einer möglichst großen Zahl von Anbietern den Zugang zum Regelenergiemarkt zu ermöglichen, was für möglichst niedrige Mindestangebotsgrößen spricht, und dem Bestreben, im Interesse der Versorgungssicherheit den Abwicklungsaufwand der Übertragungsnetzbetreiber möglichst gering zu halten, welches für möglichst hohe Mindestangebotsgrößen spricht. Die Absenkung der Mindestangebotsgröße auf 15 MW jeweils für positive und negative Minutenreserve erscheint insoweit ein vernünftiger Kompromiss. Hierdurch steigt die Anzahl möglicher Anbieter, was zu einer Intensivierung des Wettbewerbs beiträgt.

Eine Vielzahl von Marktteilnehmern ist der Auffassung, die gegenwärtige Mindestangebotsgröße sei zu hoch. Vorgebracht wurden Mindestangebotsgrößen zwischen 5 und 20 MW. Die Übertragungsnetzbetreiber äußerten Bedenken eine Reduzierung der Mindestangebotsgröße gefährde möglicherweise die zeitgerechte operative Umsetzung des Minutenreserveabrufs. In der Tat kann ein kleineres Mindestangebot insofern nachteilig wirken, als eine große Anzahl von Angeboten in der Mindestangebotsgröße für die Leistungsvorhaltung durch die Übertragungsnetzbetreiber zu beschaffen ist. Wenn bspw. aufgrund eines Kraftwerksausfalls 600 MW abgerufen werden müssen, erfordert dies bei einer Mindestangebotsgröße von 15 MW im ungünstigsten Fall 40 Anrufe des Leitstellenpersonals des Übertragungsnetzbetreibers bei den Anbietern von Minutenreserve. Jedoch wären auch bei der derzeitigen Situation im ungünstigsten Fall bereits 20 telefonische Abrufe notwendig. Insoweit liegen sind die Bedenken gegen eine Absenkung stark zu relativieren. Problematisch an der gegenwärtigen Praxis ist die Intransparenz der tatsächlich vorliegenden Angebotsstruktur. Selbst im Rahmen der Internetveröffentlichungen kann derzeit nicht nachvollzogen werden, in welcher Größenordnung die Angebote sich bewegen. Kontakte mit den Übertragungsnetzbetreibern lassen vermuten, dass derzeit sowohl Angebote in der Größenordnung der Mindestangebotsgröße als auch Angebote mit deutlich höherer Leistung vorliegen. Es ist davon auszugehen, dass bei einer Absenkung der Mindestangebotsgröße nach wie vor eine Streuung der Angebotsgrößen bestehen bleibt, so dass aus Sicht der Bundesnetzagentur keine negativen Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit zu erwarten ist. Zur Klärung dieser Fragen dient die vorgesehene Berichtspflicht: Zur weiteren Abschätzung der Entwicklung der Größenordnung der Angebotsgrößen sind für die ersten 12 Monate nach Einführung der in vorliegender Entscheidung festgelegten Ausschreibungsmodalitäten daher Erfahrungsberichte durch die Übertragungsnetzbetreiber vorzulegen. Diese sollen neben den auf der gemeinsamen Internetplattform veröffentlichten Daten Angaben darüber enthalten, welche Angebote von Minutenreserve durch die Übertragungsnetzbetreiber abgerufen wurden

Die Bundesnetzagentur behält sich vor, für Angebote unterhalb der bisher geltenden Mindestangebotsgröße von +/- 30 MW ein automatisiertes Abrufverfahren anzuordnen. Eine generelle Umstellung des Abrufkonzepts würde für alle Marktakteure zu einer Erhöhung ihrer Transaktionskosten führen. Für potentiell in den Markt eintretende Anbieter würde dies den Markteintritt erheblich erschweren.

Im Hinblick auf die nach § 6 Abs.4 Satz 4 StromNZV zulässige Bildung von Anbietergemeinschaften zur Erlangung der Mindestgröße wurde abweichend von der derzeitigen Praxis gefordert, eine regelzonenübergreifende Bündelung der Angebote zuzulassen. Grundsätzlich begrüßt die Bundesnetzagentur diese Forderung. Gleichwohl bestehen nach Auffassung der Bundesnetzagentur Probleme hinsichtlich der operativen Umsetzbarkeit. Die regelzonenübergreifende Leistungserbringung würde bei den Übertragungsnetzbetreibern einen größeren Koordinierungsaufwand erzeugen, dessen Umfang strittig ist. Aus diesem Grund ist die Begrenzung der Bündelung auf die jeweilige Regelzone bis zum Vorliegen besserer Erkenntnisse beizubehalten.

8. Gemäß § 27 Abs.2 StromNZV und den Transparenzanforderungen des § 9 StromNZV sind 
sämtliche Informationen von den Übertragungsnetzbetreibern in wettbewerbsfreundlicher 
Weise zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung hat mindestens zwei Stunden vor Beginn 
jeder Minutenreserveausschreibung auf der gemeinsamen Homepage der 
Übertragungsnetzbetreiber zu erfolgen und ist dort für drei Jahre verfügbar zu halten.

Die zu veröffentlichenden Informationen, jeweils für positive und negative Minutenreserve getrennt, beziehen sich auf

a) die Höhe des für den Folgetag benötigten Minutenreservebedarfs,
b) die tatsächlich am Vortag abgerufene Minutenreserve,
c) den durchschnittlich mengengewichteten Arbeitspreis für die abgerufene Minutenreserve 
vom Vortag,
d) und die anonymisierten Angebotskurven vom Vortag für jede Zeitscheibe der letzten 
Minutenreserveausschreibung.

Für jedes Angebot sind Informationen jeweils vom Vortag bereitzustellen über

e) den Leistungspreis,
f) den Arbeitspreis,
g) die Anschlussregelzone,
h) und über die Zuschlagserteilung.

Gemäß § 9 StromNZV haben Übertragungsnetzbetreiber die Ausschreibungsergebnisse in einem einheitlichen Format getrennt nach den Regelenergiearten auf Anforderung der Bundesnetzagentur unverzüglich zur Verfügung zu stellen sowie nach Ablauf von zwei Wochen auf ihrer Internetseite zu veröffentlichen und dort für drei Jahre verfügbar zu machen. Des weiteren kann die Bundesnetzagentur entsprechend § 27 Abs. 2 StromNZV die Veröffentlichung weiterer Daten festlegen, wenn dadurch Angebotsbedingungen für Regelenergie durch Erhöhung der Markttransparenz verbessert werden oder die höhere Transparenz geeignet ist, die Vorhaltung oder den Einsatz von Regelenergie zu vermindern.

Die in Ziffer 8 Buchstabe a. - h. aufgeführten Daten sind mindestens zwei Stunden vor Beginn jeder Ausschreibung von Minutenreserve auf der gemeinsamen Homepage der Übertragungsnetzbetreiber zu veröffentlichen und dort für drei Jahre verfügbar zu halten.

Vorrangiges Ziel der Veröffentlichung der in Ziffer 8 Buchstabe a. - h. aufgeführten Daten ist die Schaffung von Markttransparenz. Insbesondere kleinere Anbieter benötigen die vorgenannten Informationen, um im Markt für Minutenreserve gegenüber den Großanbietern zu bestehen oder eintreten zu können. Die Übertragungsnetzbetreiber befürchten auf der anderen Seite aufgrund einer erhöhten Markttransparenz kurzfristig negative Auswirkungen auf die Preise für Minutenreserve, d.h. eine Erhöhung des Preisniveaus. Eine höhere Anzahl an Anbietern, die durch Marktzutritte erfolgt, hat jedoch grundsätzlich positive Auswirkungen auf den Wettbewerb. Die erhöhte Anzahl an Konkurrenten erhöht den Preisdruck auf alle Anbieter durch den verstärkten Anreiz, ihre Kapazitäten an eine begrenzte Anzahl von Nachfragern abzugeben. Auf diese Weise kommt es langfristig zu Preissenkungen. Selbst vor dem Hintergrund einer kurzfristigen Preissteigerung durch eine größere Anzahl an Anbietern überwiegen die langfristigen positiven Auswirkungen auf den Wettbewerb.

Ferner geben größere Marktteilnehmer zu bedenken, dass die Veröffentlichung der Angebotskurven nachteilig auf die mögliche Identifizierbarkeit von Anbietern aufgrund von strukturellen Unterschieden zwischen den Anbietern im Markt wirken könnte. Die von den Übertragungsnetzbetreibern vorgeschlagene Veröffentlichung der Angebotskurven mit einer Verzögerung von zwei Wochen führt jedoch nicht zu einer Beseitigung von Informationsasymmetrien zwischen den Marktteilnehmern und behindert damit die Wirkungsweise des Wettbewerbsmechanismus.

Die Veröffentlichung des mittleren mengengewichteten Leistungspreises, des Grenzleistungspreises sowie des minimalen und maximalen Arbeitspreises für jede Zeitscheibe am Folgetag dient der Herstellung weiterer Markttransparenz. Die Beschlusskammer geht davon aus, dass Transparenz eine der zentralen Voraussetzungen für funktionierende Märkte ist. Dass der Markt für Regelenergie spezifische Besonderheiten aufwiese, die es erfordern würden, den Marktteilnehmern Informationen über die Entwicklung von Angebot und Nachfrage vorzuenthalten, ist der Kammer nicht ersichtlich. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass sich aufgrund zunehmender Transparenz marktorientierte Preise entwickeln werden und befürchtete mögliche Preissteigerungen allenfalls ein vorübergehendes Phänomen darstellen.

Betroffene Marktakteure haben die Möglichkeit, zu diesen Eckpunkten bis zum 07.06.2006 Stellung zu nehmen. Ihre Stellungnahmen richten Sie bitte an poststelle.bk6@bnetza.de oder an Bundesnetzagentur, Beschlusskammer 6, Mittelstr. 2-10, 53175 Bonn.

-BK6-06-012-

Stand: 04.02.2010

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