BK6-23-241

Fortentwicklung des sog. „Redispatch 2.0“

Hintergrund

Seit dem 01.10.2021 sind die Elektrizitätsnetzbetreiber verpflichtet, Redispatch-Maßnahmen einschließlich der Abregelung von Erzeugung aus Erneuerbaren Energien und hocheffizienten KWK-Anlagen bilanziell auszugleichen. Der Branchenverband BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft e. V. (BDEW) hatte umfangreiche Vorschläge zur praktischen Umsetzung dieser Pflicht – einschließlich massengeschäftstauglicher Kommunikationsprozesse, Datenlieferpflichten und Netzbetreiberkoordination – vorgelegt. Die Beschlusskammer 6 der Bundesnetzagentur hat diese Vorschläge durch drei Festlegungen zum sog. „Redispatch 2.0“ für rechtlich verbindlich erklärt. Die Festlegung vom 06.11.2020 (BK6-20-059) macht Vorgaben zur Höhe des bilanziellen Ausgleichs, zu dessen Abwicklung sowie zur massengeschäftstauglichen Kommunikation. Die Festlegung vom 12.03.2021 (BK6-20-060) setzt den Rahmen für die Netzbetreiberkoordination. Die Festlegung vom 23.03.2021 (BK6-20-061) begründet Datenlieferverpflichtungen von Anlagenbetreibern an die jeweiligen Anschlussnetzbetreiber (ANB).

Die praktischen Erfahrungen bei der Umsetzung des bilanziellen Ausgleichs sind sehr unterschiedlich. Während der bilanzielle Ausgleich und die festgelegten Prozesse bei Anlagen, die direkt an das Übertragungsnetz angeschlossen sind, praktiziert wird, ist die Anwendung bei Anlagen mit Anschluss an niedrigeren Spannungsebenen über Pilotprojekte nicht hinausgekommen. Diese Pilotprojekte wurden mit Wirkung zum 01.08.2023 beendet.

Derzeit findet die sog.BDEW-Übergangslösung“ Anwendung. Danach erfolgt – soweit kein bilanzieller Ausgleich durch den Netzbetreiber erfolgt – der bilanzielle Ausgleich durch den Bilanzkreisverantwortlichen (BKV) der betroffenen Einspeisestelle, der dafür einen Aufwendungsersatz vom anweisenden Netzbetreiber erhält. Die massengeschäftstauglichen Kommunikationsprozesse wurden durch „Umsetzungsfragen“, die eine verbandsübergreifende Arbeitsgruppe erarbeitet hat und auf der Homepage des BDEW veröffentlicht sind, umfangreich ergänzt und modifiziert.

Die Beschlusskammer 6 hat am 31.08.2023 das vorliegende Festlegungsverfahrens zur Fortentwicklung des sog. „Redispatch 2.0“ und zur Änderung der oben genannten Festlegungen eingeleitet. Sie hat einen Sachverständigen beauftragt, auf Basis der Erkenntnisse aus den Pilotprojekten Vorschläge für eine Fortentwicklung der Festlegungen vorzulegen. Der Sachverständige hat sein Gutachten am 27.03.2024 vorgelegt. Die Beschlusskammer 6 hat es am 05.04.2024 auf ihrer Internetseite veröffentlicht.

Die Beschlusskammer 6 hat am 02.05.2024 einen öffentlichen Online-Workshop durchgeführt, auf dem die Feststellungen und Empfehlungen des Sachverständigengutachtens diskutiert wurden.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 28.08.2024 einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes im Bereich der Endkundenmärkte, des Netzausbaus und der Netzregulierung vorgelegt (www.bmwk.de/aenderung-energiewirtschaftsgesetz-endkundenmaerkte-marktstammdatenregisterverordnung.html). Der Entwurf sieht vor, dass bei Redispatch-Maßnahmen eines Verteilernetzbetreibers der bilanzielle Ausgleich – befristet bis zum 31.12.2031 – grundsätzlich durch den Bilanzkreisverantwortlichen erfolgt und der Verteilernetzbetreiber dafür einen angemessenen Aufwendungsersatz zahlt. Die Bundesnetzagentur wird ermächtigt festzulegen, unter welchen Umständen abweichend von diesem Grundsatz der bilanzielle Ausgleich durch den Verteilernetzbetreiber erfolgt. Ab 2032 soll zu der heute geltenden Gesetzeslage zurückgekehrt werden, so dass ein flächendeckender bilanzieller Ausgleich durch die Netzbetreiber erfolgen muss.

Vor diesem Hintergrund halten die Beschlusskammer 6 und 8 eine Fortentwicklung der regulatorischen Vorgaben zum Redispatch für erforderlich. Dem stehen im Schwerpunkt folgende Erwägungen zugrunde: Negative Auswirkungen auf die Systembilanz sind zu vermeiden. Dies erfordert insbesondere, dass ausreichende Anreize gegenüber Netzbetreibern und BKV für eine planmäßige und energetisch neutrale Abwicklung des Redispatch gesetzt werden. Ferner möchten die Beschlusskammern die Kommunikationsprozesse insgesamt vereinfachen und insbesondere Erleichterungen für kleinere Akteure schaffen. Des Weiteren erwägt die Beschlusskammer 6, die Entwicklung der Prozesse und Formate für die massengeschäftstaugliche Kommunikation zum Datenaustausch, zum Abruf und zur Netzbetreiberkoordination übergangsweise flexibler zu gestalten und in diesem Zusammenhang den Übertragungsnetzbetreibern mit Regelzonenverantwortung eine zentrale Koordinierungsrolle zuzubilligen.

Konsultation

Die Beschlusskammern stellen hiermit Eckpunkte zur Konsultation. Die Beschlusskammern unterstellen dabei, dass die Änderungen des § 14 EnWG, die im Referentenentwurf vom 28.08.2024 vorgesehen sind, im Wesentlichen vom Gesetzgeber verabschiedet werden. Den Beschlusskammern ist bewusst, dass dieses Vorgehen u. U. erfordert, die hier konsultierten Vorschläge an das letztendlich verabschiedete Gesetz anzupassen. Dennoch haben sie sich zu einer frühen Konsultation der Eckpunkte entschlossen, um das Festlegungsverfahren zügig voranzutreiben.
Nach Auswertung der eingegangenen Stellungnahme wird die Beschlusskammer 6 konkrete Regelungsentwürfe zur Konsultation stellen.

Angesichts der im Gesetzentwurf vorgesehenen Befristung sind die Eckpunkte nicht als Zielmodell für den Zeitraum nach der Befristung zu verstehen. Die Beschlusskammern halten es nicht für sinnvoll, bereits jetzt ein Zielmodell zu konsultieren. Es wird daher erforderlich sein, rechtzeitig die Regelungen für die Umsetzung des Zielmodells zu weiterzuentwickeln und umzusetzen.

Die Beschlusskammern richten konkrete Fragen an die Branche, um deren Beantwortung sie bitten. Bitte begründen Sie Ihre jeweilige Antwort, damit die Beschlusskammern sie in ihre Abwägungen einfließen lassen kann.

Die Beschlusskammer 6 beabsichtigt, im Anschluss an die Konsultation konkrete Änderungsvorschläge für die Regelungen der o. g. Festlegungen zur Konsultation zu stellen.

Stellungnahmen zu den folgenden Eckpunkten werden erbeten bis spätestens

04.11.2024.

Für die Durchführung der Konsultation erteilt die Beschlusskammer folgende Hinweise:

  • Die Beschlusskammer 6 beabsichtigt, die Stellungnahmen im Internet zu veröffentlichen. Soweit in den übermittelten Dokumenten personenbezogene Daten (z. B. Namen, Unterschriften, Telefonnummern, E-Mail-Adressen mit Namen als Bestandteilen) enthalten sind, wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es der einsendenden Stelle obliegt, entweder eine Einwilligung des Betroffenen in die Veröffentlichung seiner personenbezogenen Daten einzuholen oder zusätzlich eine für die Veröffentlichung bestimmte Fassung zu übersenden, in der die personenbezogenen Daten geschwärzt sind. Entsprechendes gilt, soweit in den übermittelten Stellungnahmen Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse enthalten sind. Es wird auf § 71 EnWG sowie weiterführende Informationen zum Schutz vertraulicher Informationen hingewiesen.

Anlage:

Konsultationsdokument (pdf / 220 KB)

Stand:  26.09.2024

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