Der Feuerteufel in der Steckdose
Wie die Bundesnetzagentur gefährliche elektrische und elektronische Produkte aus dem Verkehr zieht
Familie Meyer kauft smarte Funksteckdosen. Sie haben diese auf einer Online-Plattform entdeckt und direkt erworben. Es waren Schnäppchen. Die Funksteckdosen möchten sie erstmals während ihres Urlaubs ausprobieren. Familie Meyer möchte durch eingeschaltete Lampen den Eindruck erwecken, dass ihre Wohnung bewohnt ist. Die Funksteckdosen können sie bequem über eine App auf dem Handy steuern. Nur wenige Tage nachdem die Familie am Urlaubsort angekommen ist, erhält sie einen Anruf. Die Feuerwehr informiert sie darüber, dass sie soeben einen Brand in ihrer Wohnung gelöscht haben.
Dieses Szenario ist fiktiv. Solche Produkte gibt es tatsächlich. Oftmals können die Geräte Wärme nicht richtig abführen. Oder sie enthalten keine ausreichenden Schutzvorkehrungen, um einen Brand vorzubeugen. Dadurch werden sie brandgefährlich.
Verbraucherinnen und Verbrauchern in der Europäischen Union (EU) finden immer wieder Geräte auf Online-Marktplätzen, die für sie gefährlich sind. Oftmals ist der Kundschaft gar nicht bewusst, welche Risiken sie mit dem Kauf eines solche Produkts eingeht. Und dass solche Geräte gar nicht auf dem Markt sein dürfen.
Um Europäerinnen und Europäer zu schützen, müssen vor allem Hersteller und Händler bestimmte Standards und Sicherheitsanforderungen einhalten. Die sogenannten Harmonisierungsrechtsvorschriften gelten europaweit. Sie helfen beispielsweise den Zollbehörden dabei, Produkte bereits an den EU-Außengrenzen aus dem Verkehr zu ziehen. Der Zoll arbeitet dafür eng mit den Marktüberwachungsbehörden zusammen. Die Harmonisierungsrechtsvorschriften bilden die Grundlage für die Marktüberwachung. In Deutschland sind diverse Behörden an der Überwachung beteiligt. So auch die Bundesnetzagentur.
Die Rolle der Bundesnetzagentur
Die Netzagentur beaufsichtigt den Markt in den Sektoren Elektromagnetische Verträglichkeit und Funkanlagen. Sie handelt sowohl aktiv als auch reaktiv. Das bedeutet, dass sie sowohl Hinweisen aus der Bevölkerung oder anderer Marktüberwachungsbehörden nachgeht als auch stichprobenweise Produkte im Online- und Einzelhandel prüft.
Allein im Jahr 2023 hat die Online-Marktüberwachung der Bundesnetzagentur mehr als 2.400 auffällige Angebote identifiziert. Die Online-Plattformbetreibenden haben die Angebote gelöscht, mehr als 64 Millionen Geräte verschwanden von den Marktplätzen. Im deutschen Einzelhandel hat die Behörde rund 3.000 Gerätetypen überprüft, über acht Millionen Geräte waren betroffen.
Der Vergleich mit den Vorjahreszahlen zeigt: Es gibt immer mehr unzulässige Geräte. „Der Trend unzulässiger und risikobehafteter Produkte aus Drittstaaten setzt sich fort“
, erklärte zudem Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, im Februar dieses Jahres.
Geprüft werden Produkte von der Marktüberwachung der Bundesnetzagentur auf unterschiedlichen Wegen: Im Außendienst, online und in einem hauseigenen Messlabor in Kolberg. Die Mitarbeitenden kontrollieren die Produkte nach genauen Vorgaben und dokumentieren messtechnische Auffälligkeiten.
In der jüngeren Vergangenheit fielen im Messlabor unter anderem Wechselrichter für Balkonkraftwerke auf. Sie wiesen sowohl formale als auch messtechnische Mängel mit teils hohem Risiko auf. Wenn solche Wechselrichter verwendet werden, kann es zu Störungen in Frequenzbereichen kommen, die Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten nutzen.
Darüber hinaus checkt die Bundesnetzagentur, ob die Produkte Persönlichkeitsrechte verletzen. Sollten Produkte unbemerkt Ton oder Bild übertragen können, zählen sie zu den verbotenen Telekommunikationsanlagen. Sie dürfen in Deutschland also nicht hergestellt oder verkauft werden. Auch der bloße Besitz und die Einfuhr nach Deutschland sind untersagt. Wir sprachen bei Insight bereits im Juni 2022 mit unserer Pressesprecherin Marta Mituta über die Risiken von solch verbotenen Spionagegeräten.
Wenn Produkte nicht den europäischen Anforderungen entsprechen, kann die Bundesnetzagentur Sanktionen verhängen, Diese reichen von freiwilligen Verbesserungen seitens der Hersteller bzw. verantwortlichen Wirtschaftsakteuren über (Vertriebs-)Verbote bis hin zu Rückrufen bei der Bevölkerung.
Tipps für Verbraucherinnen und Verbraucher
Doch wie kann sich Familie Meyer aus unserem Beispiel nun bestmöglich schützen? Zunächst könnte sie prüfen, ob die Funksteckdosen bereits auffällig geworden sind. Eine Datenbank auf der Website der Europäischen Kommission beinhaltet aktuell gemeldete Fälle. Dort können Sie auch selber verdächtige Käufe melden.
Bei Online-Käufen können Sie sich zusätzlich so schützen:
- Bestellen Sie online bei seriösen und bekannten Quellen. Informieren Sie sich vorher über den Anbieter, beispielsweise bei den Verbraucherzentralen.
- Jeder Funkanlage muss eine Kopie der EU-Konformitätserklärung mit dem Bezug zu der Richtlinie „2014/53/EU“ oder zumindest eine vereinfachte EU-Konformitätserklärung beiliegen. Prüfen Sie, ob es diese Erklärung gibt und ob diese auch den richtigen Bezug hat. Hinweis: Geräte mit WLAN gelten per Definition ebenfalls als Funkanlagen.
- Prüfen Sie, ob eine Adresse in der EU angegeben ist, unter der Sie den Anbieter oder seinen Partner erreichen können. Diese Adresse muss auf dem Produkt oder seiner Verpackung, dem Paket oder in einem Begleitdokument angegeben werden.
- Vergewissern Sie sich, dass Angaben zu allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sowie Widerrufs- und Rückgabebelehrungen vorhanden sind.
- Prüfen Sie die Beschreibung des Produkts sorgfältig. Achten Sie insbesondere darauf, dass Hinweise auf eine deutschsprachige Bedienungsanleitung vorliegen.
- Der Preis sollte im Vergleich zu Mitbewerbern plausibel sein.
- Wenn Sie unsicher sind, stellen Sie dem Verkäufer Fragen zum Produkt. Seriöse Verkäufer beantworten Fragen zügig und gern.
- Achten Sie darauf, dass der Steckertyp auch in Deutschland verwendbar ist.
- Prüfen Sie nach Erhalt der Ware, ob das korrekte CE-Kennzeichen vorhanden ist. Geben Sie das Produkt zurück wenn dieses Kennzeichen fehlt. Nur Produkte mit CE-Kennzeichnung sind für den europäischen Markt vorgesehen.