Aus­GEO­bremst beim Shop­pen

Welche Verstöße Sie auf welchem Weg beim internationalen Einkauf innerhalb der EU melden können

Jemand hält an einem Strand ein Smartphone in der Hand, auf dessen Display "Geoblocking" steht.

Helga Müller besucht ihre Freundin Francesca Ferrari in Italien. Francesca erzählt Helga von einem phantastischen Restaurant, das die beste Pizza der Region zubereitet. Also statten die zwei dem Restaurant einen Besuch ab.

Der Abend ist perfekt, Francesca hat nicht übertrieben. Als sie am Ende des Abends die Rechnung erhalten, werden sie stutzig: Obwohl beide exakt dasselbe gegessen und getrunken haben, soll Helga fünf Euro mehr bezahlen. Der hinzugerufene Kellner erklärt den beiden Frauen, dass dies ein Aufschlag aufgrund von Helgas Nationalität sei – Personen aus dem Ausland zahlen grundsätzlich mehr.

Diese spezielle Form der Diskriminierung wird als Geoblocking bezeichnet. In Europa ist ein solches Vorgehen verboten. EU-Ausländerinnen und -Ausländer sollen weder beim Shoppen und Ausgehen noch bei Inanspruchnahme von Service-Dienstleistungen anders behandelt werden als Einheimische.

Genauer gesagt darf innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) niemand aufgrund seiner oder ihrer Staatsangehörigkeit, des Wohnsitzes oder Ortes der Niederlassung diskriminiert werden. Das gilt im analogen wie digitalen Raum gleichermaßen.

Die Geoblocking-Verordnung

Geregelt ist dieser Anspruch in der sogenannten Geoblocking-Verordnung der Europäischen Union. In elf Artikeln ist unter anderem geregelt, wie ein diskriminierungsfreier Zugang zu Online-Benutzeroberflächen, Waren oder Dienstleistungen ermöglicht werden soll. Online-Kundschaft aus dem europäischen Ausland muss beispielsweise eine oder mehrere länderspezifische Versionen des Online-Shops eines Anbieters erreichen können. „Shop like a local“ (zu Deutsch: „Shoppen wie Einheimische“) lautet die Devise.

Wenn Helga Müller nach oder während ihres Italien-Besuchs also die originale italienische anstelle der deutschen Vespa-Website besuchen möchte, muss Vespa dies ermöglichen. Ebenso darf Helga auf der italienischen Seite nicht daran gehindert werden, sich eine Vespa in den Warenkorb zu legen und mit ihrer deutschen Kreditkarte, Kontoverbindung o. ä. zu bezahlen.

Die Vespa muss auf Wunsch auch zu Francesca geliefert werden, sofern die Freundin innerhalb des von Vespa frei bestimmbaren Liefergebiets wohnt.

Die Geoblocking-Verordnung ist übrigens nicht in allen Bereichen bindend. Die sogenannte Portabilitätsverordnung regelt etwa die Einschränkungen bei Streaming-Diensten. Besondere Gemeinschaftsrechtsvorschriften sind im Finanzdienstleistungssektor maßgeblich. Gesetzlich geregelte Dienstleistungen, wie im Zusammenhang mit Sozialwohnungen, lassen wegen Grundsätzen des sozialen Zusammenhalts und der Solidarität Abweichungen zu.

Verkehrsdienstleistungen, wie zum Beispiel Taxi-Fahrten oder Bahnverbindungen, sind ebenfalls nicht von der Geoblocking-Verordnung betroffen. Es könnte also passieren, dass Helga ihr Bahnticket für die Anfahrt zu einigen Sehenswürdigkeiten nicht auf der Website der Verkehrsbetriebe erwerben kann, Francesca hingegen schon.

Verstöße gegen Verordnung

Immer wieder kommt es vor, dass Unternehmen sich nicht an die Verordnung halten. Erst kürzlich forderten nationale Verbraucherschutzbehörden und die Europäische Kommission Apple dazu auf, vermeintliche Geoblocking-Praktiken bei den eigenen Mediendiensten zu unterlassen. So soll der Tech-Gigant seine Kundschaft beispielsweise im App Store, bei iTunes oder Apple Music ungleich behandelt haben. Angebote anderer länderspezifischen Versionen der Apps konnten nicht eingesehen, ausländische europäische Kreditkarten nicht hinterlegt werden.

Helga Müller hätte bei Verlust ihrer Kreditkarte dementsprechend nicht alternativ die Karte von Francesca hinterlegen können, um sich ihren persönlichen Italo-Urlaubs-Hit bei iTunes zu kaufen.

Aufgaben der Bundesnetzagentur

Als Mitglied des Consumer Protection Cooperation Networks, kurz CPC-Netzwerk, beteiligt sich die Bundesnetzagentur an dem Verfahren. Das Netzwerk ist ein Zusammenschluss nationaler Behörden in Europa, die sich in ihrem Land verstärkt für Verbraucherschutz einsetzen.

Gleichzeitig ist die Bundesnetzagentur auch die erste Anlaufstelle für Nutzerinnen und Nutzer in Deutschland, die Zuwiderhandlungen beim Geoblocking entdecken. Wer sich beschweren möchte, kann dies unkompliziert über ein Online-Formular tun. Jedem Hinweis wird nachgegangen.

Wenn Verstöße gegen die Geoblocking-Verordnung bewiesen sind, kann die Bundesnetzagentur deutschlandweit gegenüber Unternehmen Anordnungen erlassen. In Härtefällen können Bußgelder bis zu 300.000 Euro verhängt werden.

Bisher entfernten die betroffenen Unternehmen die diskriminierenden Barrieren, sobald sich die Bundesnetzagentur einschaltete. Es wäre wünschenswert, dass es so bleibt. Dann könnte auch Helga Müller bei ihrem nächsten Aufenthalt in Italien unbeschwert shoppen und schlemmen.

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