Dun­kel­flau­te? Kein Grund zur Pa­nik

Warum der Strom auch in der dunklen Jahreszeit nicht knapp wird

Deutschlandfahne vor bewölktem Himmel

Dunkelflaute. Allein das Wort treibt vielen Menschen den Angstschweiß auf die Stirn. Doch eigentlich beschreibt es nur einen Zustand, der vor allem im Winter ganz normal ist: Die Sonne scheint nicht und gleichzeitig ist es windstill. Vor wenigen Jahren hätten dem die meisten wohl kaum Beachtung geschenkt. Doch inzwischen decken wir in Deutschland gut die Hälfte des Energiebedarfs aus Windkraft und Sonne. Wenn also beides nicht vorhanden ist, haben wir dann zu wenig Strom? Droht uns womöglich ein Blackout? Nein. Und es explodiert auch nicht die Stromrechnung der privaten Haushalte.

In diesem Winter gab es schon drei Dunkelflauten. Hätten die Medien nicht darüber berichtet, hätte wahrscheinlich niemand etwas bemerkt. Denn wer hat schon den Preis an der Strombörse im Blick? Der stieg nämlich in Folge der Dunkelflaute am 20. Januar plötzlich auf das Siebenfache des Preisdurchschnitts 2024. Eine Megawattstunde kostete knapp 590 Euro. Zum Glück bedeutet ein hoher Preis an der Börse nicht gleichzeitig einen hohen Preis für die Stromkundinnen und -kunden. Doch holen wir mal etwas weiter aus.

Europäische Strom-Solidarität

Der deutsche Strommarkt ist Teil des europäischen Strommarktes. Durch das länderübergreifende Netz ist das möglich und funktioniert auch so. Die Staaten unterstützen sich gegenseitig. Deutschland importiert Strom aus einem Land, in dem er gerade günstiger ist. In den anderen Ländern läuft es genauso. Grund für die Importe ist also nicht zu wenig selber erzeugter Strom, sondern eine simple Rechnung. Manchmal ist es günstiger, Strom woanders einzukaufen als ihn selber zu produzieren. Das System ist für alle effizient und zuverlässig.

Aber wenn nun die ohnehin schwache Wintersonne sich kaum noch zeigt und die Windkraftanlagen stillstehen, muss der Strom doch knapp werden, oder? Ein Blick in die Statistik zeigt, dass dem nicht so ist: Trotz der Wetterverhältnisse in diesem ersten Monat des Jahres 2025 kam es nicht annähernd zu Engpässen bei der Versorgung. Importe gab es nur dann, wenn der Strom im Ausland günstiger war.

Im Durchschnitt hat die Bundesrepublik seit Jahresbeginn knapp sechs Prozent ihres Verbrauchs eingekauft. Den Rest hat sie selber produziert. Erdgas springt ein, wenn es dunkel und windstill ist. Auch andere Energieträger sind Teil unseres Strommarktes. Bis wir soweit sind, dass wir unseren gesamten Strombedarf mit erneuerbaren Energien decken können und die Netze so ausgebaut sind, dass sie den Strom dorthin transportieren können, wo er gebraucht wird, die Back-up-Kraftwerke noch nicht durch Wasserstoff oder andere Technologien CO2-frei sind, werden wir noch die fossilen Energien nutzen müssen. Das ist der Übergang zu einer klimaneutralen Energiewirtschaft.

Beruhigende Statistik

Und die Kosten? Wer bezahlt denn die Einkäufe im Ausland oder das Gas, das viel teurer ist als die Erneuerbaren? Der Strompreis wird an der Strombörse gemacht. Und dort haben so genannte kurzfristige Wetterereignisse einen hohen Einfluss auf den Preis. Übliche Haushaltskundinnen und -kunden haben aber meistens mit ihrem Lieferanten einen Preis vereinbart. Er ist fest. Für die Unternehmen, die an der Börse ihren Strom beschaffen, kann aber auch hier die unbestechliche Statistik wieder beruhigen.

Durchschnittlicher kurzfristiger Day-Ahead Großhandelsstrompreis in Deutschland in Euro/MWh

Wir sehen gleich: Der Großhandelsstrompreis lag 2024 deutlich unter Vorkriegsniveau. Die Krise, in die der Energiemarkt in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine geriet, ist also überstanden. Was die Balken noch nicht zeigen: Der durchschnittliche Preis bis zum 21. Januar, also nach der erneuten Dunkelflaute, lag mit etwa 116 Euro pro Megawattstunde im üblichen Rahmen für kalte und dunkle Wintertage.

Auch langfristig rechnet der Markt nicht mit steigenden Preisen. An der europäischen Strombörse EEX werden Stromlieferungen in der Zukunft gehandelt. In den Jahren 2026 bis 2029 erwartet der Markt Jahresdurchschnittspreise zwischen 65 und 95 Euro/MWh. Preisspitzen von 300 Euro/MWh kommen vor, sind eingeplant und kein Drama.

Teurer Strom in Deutschland? Alles relativ.

Was aber stimmt: Der Strompreis inklusive der Stromnebenkosten in Deutschland ist der höchste von allen europäischen Ländern. Verbraucherinnen und Verbraucher geben in unserem Land 37 Prozent mehr für Strom aus als es dem EU-Durchschnitt entspricht. Die Gründe dafür sind vielfältig. Allein 29 Prozent des gesamten Strompreises entfielen im vergangenen Jahr auf Steuern, Abgaben und Umlagen. Die Netzentgelte schlugen mit weiteren 28 Prozent zu Buche. Die Mehrwertsteuer kommt hinzu. In Ländern wie Frankreich ist der Strompreis staatlich subventioniert. Es ist eine politische Entscheidung, an welcher Stelle der Staat Steuergelder ausgibt.

Ein großer Faktor ist der Netzausbau. In Deutschland ist die Energiewende in vollem Gange. Stromleitungen zu bauen erfordert Investitionen. Windparks und Solaranlagen zu bauen kostet Geld. All das in Stand zu halten ist auch nicht geschenkt. Die Aufgabe ist groß, aber unumgänglich. Abgesehen davon haben die vielen Kosten auch einen Nutzen. So spart zum Beispiel der Netzausbau Kosten beim Netzengpassmanagement. Und insgesamt ist es viel günstiger, erneuerbare Energien in Strom umzuwandeln als konventionelle.

Wir müssen und wollen die Pariser Klimaziele erfüllen und uns langfristig ganz von den fossilen Energien trennen. Das ist kein Selbstzweck, sondern dient dem Schutz unseres Planeten. Würden wir nicht in ihn investieren, würden die Kosten für die Folgen der globalen Erwärmung deutlich höher liegen.

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