Die Wäch­te­rin über di­gi­ta­le Räu­me

Wie sich die Bundesnetzagentur als Digital Services Coordinator für ein sichereres Netz einsetzt

Ein Netz spinnt sich über eine künstlich erzeugte Fläche.

Wer als Veranstalter fahrlässig die Sicherheit seiner Gäste riskiert oder vor einer öffentlichen Versammlung zu Gewalt-Taten aufruft, wird bestraft. Niemand stellt das in Frage. Es gibt Gesetze, die das regeln.

Doch was passiert, wenn Straftaten im digitalen Raum stattfinden? Manche Fälle sind klar geregelt. So gibt es zum Beispiel eine europäische Verordnung, um terroristische Online-Inhalte zu bekämpfen.

Aber was ist mit all den Beleidigungen, Gewalt-Aufrufen und Desinformationen, die in den vergangenen Jahren die sozialen Medien und zahllosen Plattformen, die wir alle nutzen, überschwemmen? Ihre Auswirkungen im „echten Leben“, in der analogen Welt sind nicht geringer als die Taten, die auf offener Straße passieren.

Die Anbieter dieser Online-Plattformen und Dienste tragen dieselbe Verantwortung, wie ihre Pendants im analogen Raum. Die Europäische Union (EU) hat ein Instrument entwickelt, um systematisch gegen rechtswidrige Inhalte im Internet vorzugehen – und Plattformanbieter stärker in die Pflicht zu nehmen: Den Digital Services Act (DSA).

Der Digital Services Act

Der DSA schafft erstmals einheitliche und umfassende Grundregeln für nahezu alle digitalen Dienste. Er gilt in allen EU-Staaten.

Aber was sind Digitale Dienste überhaupt? Ihr wichtigstes Kennzeichen: Viele Menschen nutzen sie. Es geht um große Online-Marktplätze wie Amazon und Social-Media-Plattformen wie Facebook oder X (ehemals Twitter). Aber auch um Vergleichs- und Buchungsportale, Jobbörsen oder Tauschplattformen und Cloud-Dienste bis hin zu App-Stores. Auf all diesen Plattformen kommt es regelmäßig zu Verstößen gegen Regeln, die in der analogen Welt geahndet werden können. Es gilt der Grundsatz: Was offline verboten ist, ist auch online verboten.

Dies durchzusetzen, ist Ziel des DSA. Er ermöglicht es, einfacher gegen illegale Inhalte und Produkte vorzugehen. Möglich das durch Verfahren, über die Nutzerinnen und Nutzer von Online-Plattformen schnell und unkompliziert rechtswidrige Inhalte direkt bei der Plattform melden können. So können sie alle mithelfen, illegale Machenschaften aufzudecken und zu beseitigen. Diese Verfahren schützen die Nutzer-Gemeinschaft und bieten den Unternehmen Rechtssicherheit. Der DSA beinhaltet außerdem Beschwerde- und Streitbeilegungsmechanismen, falls die Plattform nicht (richtig) reagiert.

Die neuen Regelungen enthalten zudem allgemeine Haftungsregeln sowie Sorgfalts-, Transparenz- und Informationspflichten der Anbieter. So fördern sie Fairness und Transparenz bei digitalen Diensten und Plattformen. Das bedeutet, wer eine Plattform betreibt, hat auch die Verantwortung dafür. Er trägt Sorge dafür, dass sich alle Mitglieder seiner Plattform an Regeln und Gesetze halten.

Seit dem 25. August 2023 gelten diese Regeln des DSA bereits für sehr große Online-Plattformen und -Suchmaschinen, also solche mit mehr als 45 Millionen aktiven Nutzerinnen und Nutzern in der EU. Sie heißen Very Large Online Platforms (VLOP) und Very Large Online Search Engines (VLOSE). Dabei handelt es sich um 22 Dienste, welche die EU-Kommission benannt hat. Die Anbieter dieser Dienste unterliegen den strengsten Regeln und Verpflichtungen, die überwiegend direkt von der EU-Kommission kontrolliert und durchgesetzt werden.

Seit dem 17. Februar 2024 gelten die Regeln des DSA auch für alle anderen, kleineren Anbieter und digitalen Dienste.
Die Rolle der Bundesnetzagentur

Die einzelnen Mitgliedsstaaten setzen die Regeln des DSA und haben die Aufsicht über die Anbieter. In jedem Land gibt es einen „Nationalen Koordinator für digitale Dienste“. Auf Englisch heißt das „Digital Services Coordinator“ (DSC). In Deutschland regelt das Digitale-Dienste-Gesetz (DDG) die Aufgabenverteilung der zuständigen Behörden und die Einrichtung der zentralen Koordinierungsstelle.

Diese Aufgabe kommt der Bundesnetzagentur zu. Am 14. Mai 2024 ist das DDG in Kraft getreten. Seit diesem Tag ist der Digital Servcies Coordinator bei der Netzagentur maßgeblich für die Durchsetzung des DSA verantwortlich.

Aufgaben des Digital Services Coordinators

Der Digital Services Coordinator (DSC) überwacht, dass Menschen sicher und frei im Netz unterwegs sein können.

Der DSC ist die zentrale Anlaufstelle für die digitale Anhängerschaft. Der Koordinator vermittelt die richtige Ansprechperson bei Anliegen und Problemen mit Online-Diensten sowie Plattformen. Er kontrolliert die Plattformen auf die Einhaltung der DSA-Regeln.

Gleichzeitig sorgt der DSC für eine erfolgreiche Umsetzung des Digital Services Acts. Er informiert Vermittlungsdienste, Online-Plattformen, Nutzerinnen und Nutzer sowie Akteure der Zivilgesellschaft über ihre Rechte und Pflichten aus dem DSA

Insbesondere achtet der nationale Koordinator darauf, dass Diensteanbieter und Online-Plattformen ein wirksames und transparentes Verfahren für den Umgang mit und die Entscheidung über Meldungen von illegalen Inhalten einrichten. Aber: Für die Löschung oder Sperrung von Inhalten ist der DSC nicht zuständig.

Die Hauptzuständigkeiten des DSC sind also zusammengefasst:

  • Zentrale Beschwerdestelle für Online-User bei Verstößen gegen das Digitale-Dienste-Gesetz
  • Koordinierung der deutschen Justiz- und Verwaltungsbehörden
  • Kontrolle der Dienste-Anbieter hinsichtlich Einhaltung der DSA-Regeln für ein sicheres und freies Netz

Neben dem DSC gibt es Organisationen, die sich für ein sicheres und geschütztes Online-Umfeld einsetzen. Dazu gehören unter anderem vertrauenswürdige Hinweisgeber (sogenannte Trusted Flaggers), außergerichtliche Streitbeilegungsstellen und Forschende

Auf Antrag kann der DSC:

  • Stellen für außergerichtliche Streitbeilegung zertifizieren
  • Trusted flagger sowie
  • Forscherinnen und Forschern für den Zugang zu Daten der sehr großen Onlineplattformen und -suchmaschinen nach dem DSA zulassen.

Beschwerdemöglichkeiten beim DSC

Aber worüber können sich Nutzerinnen und Nutzer von Online-Diensten überhaupt beschweren? Grundsätzlich gilt, dass alle Verstöße gegen Regelungen des DSA gemeldet werden können.

So könnte ein möglicher Beschwerdegrund beispielsweise eine fehlende Begründung zu eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten der digitalen Dienste sein. Also solche Fälle, in denen die Dienste beispielsweise Accounts sperren, einzelne Inhalte entfernen oder bestimmte Funktionen vorübergehend einschränken.

Ein anderer Grund läge vor, wenn eine Online-Plattform gegen Hinweis- beziehungsweise Transparenzpflichten verstößt. Das tun Plattformen zum Beispiel, wenn sie keine Kontaktmöglichkeiten zum eigenen Unternehmen anbieten. Oder wenn ihre Nutzungsbedingungen fehlen, versteckt oder unverständlich sind.

Wer sich beschweren möchte, kann dies unkompliziert über das Online-Beschwerdeportal des Digital Services Coordinators tun. Es gibt allerdings Ausnahmen.

Sonderfall: Beschwerden über illegale Inhalte

Der DSC kann keine rechtswidrigen Inhalte, wie z. B. Hate speech, Beleidigungen, Angebot illegaler Produkte, Urheberrechtsverletzungen, selbst löschen oder sperren.

Der Coordinator achtet aber darauf, dass Dienste-Anbieter und Online-Plattformen ein wirksames und transparentes Verfahren einrichten, um Meldungen über solche Inhalte nachzugehen. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem sicheren, fairen und durchschaubaren Online-Umfeld.

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