Bundesnetzagentur stellt Jah­res­be­richt 2011 vor

Homann: "Beschleunigter Ausbau von Infrastrukturen verlangt attraktive Investitionsbedingungen"

Ausgabejahr 2012
Erscheinungsdatum 04.05.2012

Die Bundesnetzagentur hat heute in Bonn ihren Bericht für das Jahr 2011 vorgelegt. "Der Jahresbericht 2011 spiegelt die erfolgreiche Arbeit meines Vorgängers Matthias Kurth, seiner Vizepräsidenten und aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bundesnetzagentur im abgelaufenen Jahr wider", sagte Jochen Homann, seit März 2012 Präsident der Bundesnetzagentur.

"Auch für die zukünftige Arbeit der Bundesnetzagentur wird das bewährte Zieldreieck gelten: Wettbewerb fördern, Verbraucherschutz gewährleisten und Infrastrukturinvestitionen attraktiv machen. Insbesondere der von der Politik geforderte beschleunigte Ausbau von Infrastrukturen – z. B. Strom- und Gasnetze sowie die Breitbandversorgung – verlangt attraktive Investitionsbedingungen und ist nicht kostenlos zu haben. Schon zu Jahresbeginn hatten wir deshalb darauf hingewiesen, dass steigende Netzkosten angesichts des Investitionsbedarfs unvermeidlich sein werden. Gleichwohl werden wir weiterhin alles daran setzen, dass die Kosteneffizienz gewahrt bleibt", stellte Homann fest.

Elektrizität und Gas

Präsident Jochen Homann nutzte die Vorstellung des Jahresberichts, um ein Versprechen einzulösen, dass er bei seiner Amtseinführung gegeben hatte. Ab sofort kann auf der Internetseite der Bundesnetzagentur der aktuelle Stand beim Ausbau der Stromnetze abgerufen werden. Alle Leitungsprojekte, die der Gesetzgeber im sog. Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) für vordringlich erklärt hat, sind in ihrem jeweiligen Projektzustand in Karten und Tabellen dargestellt. Die regelmäßige Aktualisierung dieser Informationen ermöglicht es, Fortschritte und Rückschläge zu verfolgen.

"Von den 1.834 km EnLAG-Leitungen sind 214 km realisiert. Von diesen 214 km wurden allerdings bisher weniger als 100 km auch tatsächlich in Betrieb genommen. Die Leitungen sind vielfach Teil von längeren Vorhaben, die über Grenzen zwischen Bundesländern hinweg gehen und erst dann Strom transportieren können, wenn auch die davor oder dahinter liegenden Abschnitte errichtet sind. Zu den restlichen Vorhaben ist festzuhalten, dass die Fahrpläne teilweise erneut um ein oder gar zwei Jahre nach hinten korrigiert werden mussten", erläuterte Homann den aktuellen Genehmigungs- und Realisierungsstand der EnLAG-Projekte.

"Für die Energiewende ist dies eine Besorgnis erregende Nachricht. Alle Beteiligten – Netzbetreiber und Planungsbehörden der Länder – sollten deshalb die Anstrengungen erhöhen und weitere Verzögerungen vermeiden", appellierte Homann. "Der Stand der EnLAG-Projekte zeigt auch, dass der Gesetzgeber für künftige Projekte mit dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz die richtige Entscheidung getroffen hat."

Zurzeit erarbeiten die Übertragungsnetzbetreiber den Entwurf eines Netzentwicklungsplans. Dieser soll Klarheit darüber verschaffen, wie viele Leitungen in den kommenden Jahren über die 1.800 km nach EnLAG hinaus benötigt werden. Der Netzentwicklungsplan soll spätestens am 3. Juni 2012 der Öffentlichkeit vorgestellt und dann mit ihr diskutiert werden. Die Bundesnetzagentur wird den Plan anschließend nach energiewirtschaftlichem Bedarf und netztechnischen Kriterien prüfen und ggf. Änderungen verlangen.

Zur Netzsituation und zur Lage auf den Strom- und Gasmärkten im vergangenen Winter wird die Bundesnetzagentur in der nächsten Woche einen Bericht vorlegen. "Die zentrale Botschaft wird lauten: Es gibt keinen Anlass zur Entwarnung. Allein drei Mal musste zwischen Dezember 2011 und März 2012 auf die sog. Kaltreserve zurückgegriffen werden, um das Stromnetz stabil zu halten. Auch die Zahl der Eingriffe der Netzbetreiber in Netze und Erzeugung hat deutlich zugenommen", beschrieb Homann die aktuelle Lage im Stromnetz.

Telekommunikation

"Der Netzausbau spielt auch im Telekommunikationsbereich eine wichtige Rolle. Die Telekommunikationsmärkte sind stark von technologischer Dynamik und Vielfalt geprägt. Dabei spielt das Thema Breitbandversorgung eine wichtige Rolle. Insbesondere die Entwicklung des Internets erhöht die Anforderungen an die Datenübertragung – wer hier nicht in leistungsfähige Netze investiert, kann in diesem Marktumfeld schnell auf der Strecke bleiben. Hier wird auch ganz deutlich: Der Wettbewerb zwischen den verschiedenen Telekommunikationsnetzen führt zu bemerkenswerten Beschleunigungsimpulsen", betonte Homann.

Zum Jahresende 2011 waren in Deutschland rund 27,3 Mio. Breitbandanschlüsse in Betrieb. Mit insgesamt 23,4 Mio. Anschlüssen und einem Anteil von 86 Prozent ist DSL weiterhin die dominierende Anschlusstechnologie. Auf sämtliche alternativen Technologien entfielen insgesamt etwa 3,8 Mio. Anschlüsse. Die Masse dieser Anschlüsse (ca. 3,6 Mio.) wurde von Kabelnetzbetreibern realisiert. Die Kabelnetzbetreiber erzielten damit einen Marktanteil von 13 Prozent an den Breitbandanschlüssen. Reine Glasfaseranschlüsse haben bisher in Deutschland kaum Verbreitung gefunden. Die Wettbewerber der DT AG konnten einen Vermarktungsanteil von rund 55 Prozent an der Gesamtzahl der Breitbandanschlüsse erreichen.

Im europäischen Kontext ist die Entwicklung des deutschen Breitbandmarkts trotz der abflachenden Wachstumsdynamik nach wie vor bemerkenswert. So zeigen Statistiken der Europäischen Kommission, dass Deutschland im ersten Halbjahr 2011 eine Breitbandpenetration (bezogen auf die Bevölkerung) von 32,7 Prozent über feste Infrastrukturen erreicht hat. Damit lag Deutschland weiterhin deutlich über dem Durchschnittswert aller Mitgliedstaaten von 27,2 Prozent.

Im Mobilfunk ist in den vergangenen Jahren die Teilnehmerzahl deutlich langsamer gestiegen als in den Jahren zuvor. Der Zuwachs betrug von Ende 2008 bis Ende 2011 knapp sieben Mio. SIM Karten, verglichen mit einem Wachstum von knapp 28 Mio. Karten zwischen 2005 und 2008. Im letzten Jahr stieg die Teilnehmerzahl wieder deutlich auf mittlerweile über 114 Mio. Teilnehmer an (2010: rund 109 Mio. Teilnehmer).

Während der Telefonverkehr im Festnetz zurückgeht, nimmt er im Mobilfunk weiter zu. Im Jahr 2010 betrug das abgehende Sprachverkehrsvolumen mehr als 102 Mrd. Minuten. Es erhöhte sich im Jahr 2011 um ca. fünf Prozent auf 107 Mrd. Minuten. Insofern ist im Telefonieverhalten eine Substitution des Festnetzes durch den Mobilfunk zu beobachten, wenn auch in geringem Maße.

Post

Der Markt für Paketdienstleistungen hat sich durch den stetig steigenden Versandhandel dynamisch entwickelt und bleibt somit der Wachstumsgarant für die gesamte Postbranche. Im Briefmarkt haben sich die Wettbewerbsverhältnisse bisher nicht grundlegend verbessern können. Der Marktanteil der Wettbewerber der Deutschen Post AG (DP AG) ist entgegen dem insgesamt stagnierenden Markttrend aber erfreulicherweise leicht auf gut zehn Prozent gestiegen.

Insgesamt wurde im deutschen Postmarkt im Jahr 2010 ein Umsatz von 27,8 Mrd. Euro erzielt. Hiervon entfallen auf die nicht lizenzpflichtigen Postdienstleistungen (Kurier-Express-Paketdienstleistungen) 18,8 Mrd. Euro. In den Vorjahren lag der Umsatz noch bei rund 16,4 Mrd. Euro (2009) bzw. 17,4 Mrd. Euro (2008). Die Umsätze des ersten Halbjahres 2011 lagen bei 9,7 Mrd. Euro. Somit liegt weiter ein Aufwärtstrend vor.

Im lizenzpflichtigen Briefbereich (Briefe bis 1.000 g) blieb der Umsatz im Jahr 2010 mit 9 Mrd. Euro nahezu konstant, 2009 waren es über 9,2 Mrd. Euro. Im Gegensatz zum Markttrend stieg der Umsatz der Wettbewerber der Deutsche-Post-Gruppe von gut 800 Mio. Euro im Jahr 2008 auf über 900 Mio. Euro im Jahr 2010. Sehr erfreulich ist, dass seit Inkrafttreten des Postgesetzes 1998 das Preisniveau für Einzelbriefsendungen (z. B. Postkarten, Standardbriefe, Kompaktbriefe) insgesamt gesenkt bzw. stabil gehalten werden konnte.

Eisenbahnen

Im Eisenbahnbereich hat insbesondere der Schienengüterverkehr (SGV) in einem insgesamt positiven Marktumfeld von den wirtschaftlichen Entwicklungen profitiert. Der Umsatz stieg hier im Jahr 2011 um 300 Mio. Euro auf 4,6 Mrd. Euro. Das entspricht einem Zugewinn von rund sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Der Umsatz im Schienenpersonenfernverkehr (SPFV) blieb 2011 mit 3,7 Mrd. Euro im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) erhöhte sich der Umsatz auf 9,3 Mrd. Euro (2010: 9,1 Mrd. Euro).

Der Wettbewerberanteil im SGV stieg im vergangenen Jahr lediglich geringfügig auf 26 Prozent. Rund drei Viertel der Leistungen wurden in diesem Marktsegment von Unternehmen der Deutsche Bahn AG (DB AG) erbracht. Dagegen sind Wettbewerber im SPFV aufgrund der hohen Markteintrittsbarrieren bisher kaum aktiv. Ihr Anteil lag erneut bei unter einem Prozent. Im SPNV bauten die Wettbewerber der DB AG ihren Marktanteil auf nunmehr 13 Prozent der Verkehrsleistung aus.

Mit Ende der heutigen Pressekonferenz steht der Sprechzettel des Präsidenten auf unseren Internetseiten zur Verfügung.

Pressemitteilung (pdf / 815 KB)

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