Bundesnetzagentur ver­öf­fent­licht Ent­schei­dungs­ent­wurf für den Zu­gang zur Teil­neh­me­r­an­schluss­lei­tung

Homann: "Fairer Kompromiss für die Einführung der Vectoring-Technik im Nahbereich"

Ausgabejahr 2015
Erscheinungsdatum 23.11.2015

Die Bundesnetzagentur hat heute ihren Entscheidungsentwurf für die Rahmenbedingungen veröffentlicht, zu denen Wettbewerber in den nächsten Jahren den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL) der Telekom Deutschland GmbH (Telekom), der sog. "letzten Meile", erhalten können.

"Unser Vorschlag für die künftigen TAL-Zugangsbedingungen stellt angesichts der sehr kontroversen Diskussionen über die Einführung der Vectoring-Technik auch in den Nahbereichen einen fairen Kompromiss dar", erklärt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur anlässlich der heutigen Vorstellung des Entscheidungsentwurfes im Beirat der Bundesnetzagentur in Berlin. "Inhaltlich geht es uns darum, dass der Breitbandausbau vorangetrieben wird, auch künftig ein chancengleicher Wettbewerb zum Nutzen der Verbraucherinnen und Verbraucher sichergestellt bleibt und alle Unternehmen faire und verlässliche Rahmenbedingungen für ihre Investitionen in moderne Breitbandnetze vorfinden. Ein Glasfaserausbau bis in die Häuser wird für kein Unternehmen regulatorisch eingeschränkt", betont Homann.

Im Entscheidungsentwurf bleibt die Telekom auch in Zukunft grundsätzlich dazu verpflichtet, ihren Konkurrenten den Zugriff auf die entbündelte TAL, den "blanken Draht", zu gewähren.

Die Telekom kann allerdings den Zugang zur TAL in der unmittelbaren Umgebung ihrer Hauptverteiler, den sog. "Nahbereichen", verweigern, falls sie dort ihre Anschlüsse mit der VDSL2-Vectoring-Technologie erschließt. Das gilt jedoch nicht ausnahmslos: Ein Wettbewerber kann auch künftig in einem Nahbereich auf die "letzte Meile" zugreifen, wenn er sich in einem Gebiet bisher in stärkerem Maße bei der DSL-Erschließung von Kabelverzweigern, den grauen Schaltkästen am Straßenrand, und damit flächendeckender als die Telekom engagiert hat. Dort kann er die Nahbereiche selber mit VDSL2-Vectoring erschließen, um so sein Versorgungsgebiet zu vervollständigen. Hierfür muss er bis Ende Mai 2016 eine verbindliche Ausbauzusage vorlegen.

Als Ersatz für den in den Nahbereichen künftig nicht mehr überall verfügbaren Zugriff auf den "blanken Draht" muss die Telekom ihren Konkurrenten ein lokales virtuell entbündeltes Zugangsprodukt (VULA) anbieten, das in seinen Eigenschaften der entbündelten TAL sehr nahe kommen muss.

Homann: "Mit einem lokalen VULA-Vorleistungsprodukt bleibt den Wettbewerbern ein Sprungbrett für einen eigenen Breitbandausbau erhalten. Sie haben ebenso wie die Telekom die Möglichkeit, ihre Netze in den Nahbereichen weiter mit Glasfaserleitungen in Richtung Endkunden auszurollen. Damit setzen wir ein Signal für den Infrastrukturwettbewerb."

Der Entscheidungsentwurf sieht darüber hinaus differenzierte Regeln für eine finanzielle Kompensation der Wettbewerber durch die Telekom vor, wenn sie infolge des Vectoringausbaus in den Nahbereichen keinen Zugang zur entbündelten TAL mehr erhalten können.

In der Abwägungsentscheidung über die Verwendung der Vectoring-Technik in den Nahbereichen ist die von der Telekom in Aussicht gestellte einseitige Ausbau- und Investitionszusage mitberücksichtigt worden. Die Telekom hat im laufenden Regulierungsverfahren den Entwurf eines konkreten Angebots vorgelegt, in dem sie sich aus eigenen Stücken einseitig dazu verpflichten möchte, bundesweit alle Nahbereiche bis Ende 2018 mit der Vectoring-Technik zu erschließen. Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass die Telekom mit Blick auf andernfalls drohende spürbare Sanktionen ihre Investitions- und Ausbauzusage einhalten wird. Hierdurch wird ein beschleunigter Ausbau von Anschlüssen mit Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s wesentlich gefördert.

Die bereits in der ersten Vectoring-Entscheidung vom August 2013 festgelegten differenzierten Regelungen für den Einsatz von Vectoring außerhalb des Nahbereichs werden im Grundsatz beibehalten. Diese Regelungen betreffen nach wie vor rund 85 Prozent aller bundesdeutschen Haushalte. Die Erschließung dieser Anschlüsse bleibt damit sowohl für die Telekom als auch für die Wettbewerber nach dem "Windhundprinzip" weiter möglich.

Der Entscheidungsentwurf sieht schließlich vor, dass sich die Telekom die Entgelte für den Zugang zur Kupfer-TAL und zum korrespondierenden VULA-Produkt der Genehmigungspflicht nach dem Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung genehmigen lassen muss. Die Entgelte für die Glasfaser-TAL sollen wie bisher der nachträglichen Entgeltregulierung nach den Maßstäben der Missbrauchskontrolle unterliegen; die Prüfung dieser Entgelte auf hinreichende Abstände zu Endkundenpreisen und anderen Vorleistungsentgelten (Preis-Kosten- und Kosten-Kosten-Scheren-Tests) ist auch weiterhin als ausreichend zur Sicherung des Wettbewerbes anzusehen.

"Wir haben uns als Regulierer unserer Verantwortung gestellt und einen Entscheidungsentwurf vorgelegt. Eine abschließende Entscheidung zu den künftigen TAL-Zugangsbedingungen ist noch nicht getroffen worden. Jetzt haben die Marktakteure die Gelegenheit, unsere Vorschläge sorgfältig zu prüfen. Wir sind offen für konstruktive Anregungen und eine sachliche Diskussion über unsere Vorschläge. Hierfür bietet die anstehende nationale Konsultation des Entscheidungsentwurfs hinreichend Gelegenheit", sagt Homann.

"Im Interesse der Bürger und Unternehmen sowie der Breitbandziele der Bundesregierung freue ich mich über die bereits vorliegenden und angekündigten Ausbauversprechen der Telekom und ihrer Wettbewerber. Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass die Telekom ihre Investitions- und Ausbauabsichten für einen beschleunigten Breitbandausbau einseitig verbindlich macht, damit sie in der endgültigen Abwägungsentscheidung berücksichtigt werden kann. Das Gleiche gilt für Ausbauversprechen von Wettbewerbern der Telekom. Die Bundesnetzagentur wird darauf achten, dass ihre Rolle als unabhängiger Regulierer und neutraler Schiedsrichter nicht in Zweifel gezogen werden kann", erklärt Homann.

Der Entscheidungsentwurf ist auf der Internetseite der Bundesnetzagentur unter www.bundesnetzagentur.de/BK3-15-004 veröffentlicht. Interessierte Parteien haben bis zum 18. Januar 2016 Gelegenheit, schriftlich Stellung zu nehmen. Am 10. Dezember 2015 findet zudem eine öffentliche mündliche Anhörung vor der zuständigen Beschlusskammer 3 in Bonn statt.

Pressemitteilung (pdf / 119 KB)

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