Bundesnetzagentur gibt end­gül­ti­ge Vec­to­ring-Ent­schei­dung be­kannt

Homann: "Grünes Licht für die Einführung der Vectoring-Technik im Nahbereich. Beschleunigter Ausbau von Anschlüssen mit Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s."

Ausgabejahr 2016
Erscheinungsdatum 01.09.2016

Die Bundesnetzagentur hat heute ihre endgültige Entscheidung für die Einführung der Vectoring-Technologie in den Nahbereichen im Netz der Telekom Deutschland GmbH bekannt gegeben.

"Nachdem die EU-Kommission Mitte Juli grünes Licht für unsere Entscheidung gegeben hat und auch die Telekom uns Anfang dieser Woche ihre angekündigte verbindliche Ausbau- und Investitionszusage für den Vectoring-Rollout in den Nahbereichen vorgelegt hat, können wir das Regulierungsverfahren jetzt abschließen. Dies wird entscheidend dazu beigetragen, den flächendeckenden Breitbandausbau voranzubringen", erklärt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur.

Die Entscheidung umfasst darüber hinaus auch alle sonstigen Rahmenbedingungen, zu denen Wettbewerber in den nächsten Jahren den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL) der Telekom, der sogenannten „letzten Meile“, erhalten können.

Zugang der Wettbewerber zur letzten Meile

Aufgrund der heutigen Entscheidung bleibt die Telekom auch in Zukunft grundsätzlich dazu verpflichtet, ihren Konkurrenten den Zugriff auf die entbündelte Teilnehmeranschlussleitung, den „blanken Draht“, zu gewähren.

Die Telekom kann allerdings den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung in der unmittelbaren Umgebung ihrer Hauptverteiler, also den Nahbereichen, verweigern, falls sie dort ihre Anschlüsse mit der VDSL2-Vectoring-Technologie erschließt. Sie muss dann den Wettbewerbern bestimmte Ersatzprodukte anbieten.

Die Zugangsverweigerung ist jedoch nicht ausnahmslos möglich: Ein Wettbewerber kann auch künftig in einem Nahbereich auf die „letzte Meile“ zugreifen, wenn er sich in einem Gebiet bisher in stärkerem Maße bei der DSL-Erschließung von Kabelverzweigern, den grauen Schaltkästen am Straßenrand, und damit flächendeckender als die Telekom engagiert hat. Dort kann er die Nahbereiche selber mit VDSL2-Vectoring erschließen, um so sein Versorgungsgebiet zu vervollständigen. Hierfür muss er innerhalb von drei Monaten seinerseits eine verbindliche Ausbauzusage vorlegen.

Virtuelles Ersatzprodukt für Konkurrenten

Als Ersatz für den in den Nahbereichen künftig nicht mehr überall verfügbaren Zugriff auf den „blanken Draht“ muss die Telekom ihren Konkurrenten ein lokales virtuell entbündeltes Zugangsprodukt (VULA) anbieten, das in seinen Eigenschaften der entbündelten Teilnehmeranschlussleitung sehr nahe kommen muss.

Die Entscheidung enthält darüber hinaus differenzierte Regeln für eine finanzielle Kompensation der Wettbewerber durch die Telekom, wenn sie infolge des Vectoring-Ausbaus in den Nahbereichen keinen Zugang zur entbündelten Teilnehmeranschlussleitung mehr erhalten können.

Ausbau- und Investitionszusage der Telekom

In der Abwägungsentscheidung über die Verwendung der Vectoring-Technik in den Nahbereichen ist die von der Telekom bereits im Verfahren angekündigte Ausbau- und Investitionszusage mitberücksichtigt worden. Die Telekom hat Anfang dieser Woche ein notariell beurkundetes Angebot vorgelegt, in dem sie sich aus eigenen Stücken einseitig und verbindlich dazu verpflichtet, bundesweit alle Nahbereiche mit der Vectoring-Technik zu erschließen. Die Bundesnetzagentur geht daher davon aus, dass die Telekom mit Blick auf andernfalls drohende spürbare Sanktionen ihre Investitions- und Ausbauzusage einhalten wird. Hierdurch wird ein beschleunigter Ausbau von Anschlüssen mit Bandbreiten von mindestens 50 Mbit/s wesentlich gefördert.

Windhundprinzip für Vectoring außerhalb des Nahbereichs

Die bereits in der ersten Vectoring-Entscheidung vom August 2013 festgelegten differenzierten Regelungen für den Einsatz von Vectoring außerhalb des Nahbereichs werden im Grundsatz beibehalten. Diese Regelungen betreffen nach wie vor rund 85 Prozent aller bundesdeutschen Haushalte. Die Erschließung dieser Anschlüsse bleibt damit sowohl für die Telekom als auch für die Wettbewerber nach dem Windhundprinzip weiter möglich.

Genehmigung der Entgelte

Aufgrund der heutigen Entscheidung muss sich die Telekom die Entgelte für den Zugang zur Kupfer-TAL und zum korrespondierenden VULA-Produkt der Genehmigungspflicht nach dem Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung genehmigen lassen. Die Entgelte für die Glasfaser-TAL sollen wie bisher der nachträglichen Entgeltregulierung nach den Maßstäben der Missbrauchskontrolle unterliegen; die Prüfung dieser Entgelte auf hinreichende Abstände zu Endkundenpreisen und anderen Vorleistungsentgelten (Preis-Kosten- und Kosten-Kosten-Scheren-Tests) ist auch weiterhin als ausreichend zur Sicherung des Wettbewerbes anzusehen.

Telekom muss Musterverträge für Zugang zur letzten Meile ändern

Aufgrund der heutigen Entscheidung muss die Telekom nun unverzüglich ihre aktuellen Musterverträge (Standardangebote) für den Zugang zur „letzten Meile“ ändern bzw. ein Standardangebot für das im Falle des Vectoring-Einsatzes ersatzweise anzubietende VULA-Produkt am Kabelverzweiger vorlegen. Darin sind die technischen, betrieblichen und rechtlichen Details des tatsächlichen Einsatzes von Vectoring im Nahbereich sowie eines VULA-Produktes am Kabelverzweiger zu regeln. Die Standardangebote müssen der Bundesnetzagentur vorgelegt werden und werden in einem Beschlusskammerverfahren anschließend noch einmal eingehend geprüft.

Hintergrund zum Vectoring-Verfahren

Mit dem Vectoring-Verfahren sind im heute bestehenden kupferbasierten Teilnehmeranschlussnetz höhere Übertragungsraten möglich, als dies bisher bei der schon fortgeschrittenen VDSL-Technik der Fall ist. Durch das Vectoring wird die gegenseitige Störung aus benachbarten Kupferdoppeladern eines Kabels reduziert. Nach dem derzeitigen Stand der Technik ist dafür allerdings nur der Zugriff eines einzigen Unternehmens auf alle Kupfer-Doppeladern am Kabelverzweiger (KVz) möglich, ein entbündelter Zugriff damit – sofern es um den Einsatz von VDSL-Technik geht – aber nicht mehr.

Die Telekom hatte im Februar 2015 bei der Bundesnetzagentur beantragt, die Zugangsmöglichkeiten für Wettbewerber zur „letzten Meile“ an den Hauptverteilern einzuschränken, um die sogenannten Nahbereiche um die Hauptverteiler mit Vectoring ausbauen zu können.

Die Entscheidung ist abrufbar auf den Internetseiten der Bundesnetzagentur unter: www.bundesnetzagentur.de/RegVfgTAL.

Pressemitteilung (pdf / 69 KB)

Mastodon